Kein Stopp für Nutzenbewertung des Bestandsmarktes

Durch die Nutzenbewertung von Arzneimitteln drohen Pharmakonzernen wie Novartis Gewinneinbußen in Milliardenhöhe. Nun gab die Justiz der Bestandmarktbewertung grünes Licht. Ein Triumph für die Kassen, die nun mit Kostensenkungen rechnen.

Der Pharmakonzern Novartis erlitt vor Gericht im Streit um die Nutzenbewertung bereits eingeführter Medikamente eine Schlappe. Konkret ging es um die Nutzenbewertung für Diabetes-Medikamente. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg wies am 15.5.2013 (L 7 KA 105/12 KL und L 7 KA 112/12 KL) eine Klage gegen eine Überprüfung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von Kassen, Ärzten und Kliniken ab. Damit verlor die Seite der Pharmakonzerne das erste Verfahren gegen eine Überprüfung von Medikamenten aus dem «Bestandsmarkt».

Nutzenbewertung ist Basis für Preisverhandlungen

Erst nach einer Nutzenbewertung können zwischen Hersteller und Krankenkassen die Preise verhandelt werden. Das LSG-Urteil besagt nun, dass Pharmaunternehmen sich gegen das Ergebnis der Überprüfung wenden können. Sie können lediglich gegen mögliche folgende Preissenkungen juristisch vorgehen. Das wird von Novartis heftig kritisiert.

Bislang sieht das Gesetz erst nach Abschluss eines möglichen Schiedsverfahrens den Klageweg vor. Das LSG ist von der Verfassungskonformität dieser Regelung nicht überzeugt, hatte dies jedoch im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

Pharmakonzern will Revision prüfen

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller kritisierte, dass es mit dem Urteil bei einer sehr späten Möglichkeit zur Korrektur bleibe. Novartis wird wohl prüfen, ob eine Revision beim Bundessozialgericht in Betracht komme. Die Potsdamer Richter haben diesen Weg wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Hintergrund des Verfahrens

Im Juni 2012 war der Bestandsmarkenaufruf für die Wirkstoffgruppe der Gliptine erfolgt. Novartis hatte dem G-BA Willkür vorgeworfen. Einen Kriterien-Katalog mit ersten Wirkstoffgruppen für eine Nutzenbewertung hatte der Ausschuss im April 2013 festgelegt. Die Bundesregierung will unterdessen juristische Zweifel an dem Verfahren per Gesetz ausräumen.

Nutzenbewertung kam mit AMNOG

Das Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) trat Anfang 2011 in Kraft. Seither müssen Hersteller für alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen Nachweise über deren Zusatznutzen im Vergleich zu älteren Mitteln vorlegen. Der G-BA prüft, ob es überhaupt einen Mehrwert gibt und, wenn ja, wie hoch dieser ist. Nur was mehr bringt, soll auch mehr kosten. Um weitere Einsparungen zu erzielen, können auch Arznei-Wirkstoffe überprüft werden, die bereits auf dem Markt sind.

Im Jahr 2012 sind die Arzneimittelausgaben um 1,1 % je Versicherten auf 31,3 Mrd. EUR gestiegen. Laut Ausschuss wurden seit Inkrafttreten der schwarz-gelben Arzneireform AMNOG 37 Mittel überprüft, in 65 % wurde ein Mehrwert anerkannt.

dpa
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