Zum Unfallversicherungsschutz bei später eintretender Invalidität

Ein Unfall verändert das Leben der Betroffenen oft einschneidend. Gut, wenn zumindest der Versicherungsschutz greift. 30 % Invaliditätsleistung sollte die Unfallversicherung einem Verkehrsopfer zahlen. Doch der Anspruch scheitert, weil die Invalidität bei dem Versicherten nicht innerhalb eines Jahres eingetreten war.

Schwindel, Kopfschmerzen, Ohrgeräusche. Das waren die anhaltenden Folgen eines Verkehrsunfalls sein, bei der der Kläger Kopfverletzungen davontrug. Doch den Schutz der Unfallversicherung erhielt er dafür nicht.

Wer zu spät erkrankt, den bestrafen die Versicherungsbedingungen?

Der Versicherungsnehmer war durch seine Symptome, die er als Spätfolgen seiner Unfalls verstand,  zu 30 % dauerhaft beeinträchtigt. Er forderte deshalb von der Unfallversicherung eine Versicherungsleistung wegen Invalidität in Höhe von rund 123.000 EUR. Die Versicherung dagegen ging nur von einer dauerhaften Beeinträchtigung von drei Prozent aus. Im Mittelpunkt des des Streits stand die Frage: Waren die Beschwerden wirklich eine Folge des Unfalls.

Verhängnisvolle Ein-Jahres-Frist

Ansprüche gegen die Versicherung hat das Unfallopfer nur, wenn die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten ist. Diese Frist ist in den Versicherungsbedingungen (AUB 2000) geregelt.

Aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen gehe nichts Abweichendes  hervor, urteilte das OLG Karlsruhe. Laut ärztlichem Attest, das der Kläger vorgelegt hatte, ging der behandelnde Arzt eine Woche vor Ablauf der Jahresfrist davon aus, dass abgesehen von Narben keine Unfallfolgen verblieben seien, die zu funktionellen Störungen geführt hätten.

Diagnose deutlich zu spät

Und selbst der Kläger ging in seiner Berufungsbegründung davon aus, dass erst deutlich nach Ablauf der Jahresfrist in einer neuerlichen ärztlichen Invaliditätsfeststellung Narbenbeschwerden und Schwindel diagnostiziert wurden.

Musste der Versicherer auf diese Frist hinweisen?

Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Frage, ob der Versicherer auf die einzuhaltende Frist nicht hingewiesen hat und sich deshalb nicht auf ein Fristversäumnis berufen kann (§ 186 S. 2 VVG), nicht relevant ist.

Zwar hieß es in den VVG:

„Zeigt der Versicherungsnehmer einen Versicherungsfall an, hat der Versicherer ihn auf vertragliche Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie einzuhaltende Fristen in Textform hinzuweisen.

Unterbleibt dieser Hinweis, kann sich der Versicherer auf Fristversäumnis nicht berufen.“

Doch diese Vorschrift griff hier nicht. Von dieser Regelung sind nur Fristen betroffen, die der Versicherungsnehmer auf entsprechenden Hinweis durch sein Verhalten bewusst einhalten oder versäumen kann. Die Frist für den Invaliditätseintritt gehört nicht dazu.

15-Monats-Frist zur ärztlichen Diagnose greift nicht

Deshalb kommt es auch nicht mehr darauf an, ob die 15-Monats-Frist der Versicherungsbedingungen eingehalten wurde, innerhalb derer eine unfallbedingte Invalidität ärztlich festgestellt werden muss.

Der Kläger konnte eine unfallbedingte Invalidität nicht nachweisen. Er hat keine weiteren Ansprüche gegen seine Unfallversicherung.

(OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.09.2016, 12 U 82/16).

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