Wirecard: D&O-Versicherung auch für PR-Kosten nach Skandal?

Bei den Ermittlungen zum Wirecard-Skandal steht der ehemalige Vorstandsvorsitzende auch medial im Feuer. Ob die D&O-Versicherung auch PR-Kosten im Zusammenhang mit dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren übernehmen muss, hat das OLG Frankfurt entschieden.

Im Verfahren gegen das hochgejubelte einstige Dax-Unternehmen Wirecard wird bei der Staatsanwaltschaft München I gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden ermittelt. Die Liste der Verdachtsmomente umfasst: Verdacht des bandenmäßigen Betrugs, der Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz.

Kritische Medienberichterstattung zum strafrechtlichen Verfahren gegen den Ex-Wirecard-Chef

Entsprechend intensiv war und ist die kritische Medienberichterstattung, insbesondere über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Der Kläger, der ehemalige Vorstandsvorsitzende, nahm die beklagte Versicherung auf Deckung von Public-Relations-Kosten (PR-Kosten) aus einer D&O-Versicherung (Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung) in Anspruch, die Wirecard für ihre Organmitglieder und Leitende Angestellte abgeschlossen hatte.

Ex-Vorstandschef beauftragt Anwaltskanzlei und PR-Agentur zum Schutz seiner Reputation

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende hatte eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei sowie eine Presseagentur damit beauftragt, seine Reputation zu schützen. Die Kosten wollte er von der beklagten Versicherung ersetzt bekommen. Die lehnte es ab, zu zahlen. Begründung: PR-Kosten müssten nur in Bezug auf eine Berichterstattung über die zivilrechtliche Inanspruchnahme des Klägers ersetzt werden. PR-Kosten im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren seien dagegen nicht gedeckt.

Ex-Manager hat Anspruch auf vorläufige Abwehrkosten

Das Landgericht hatte die Klage des ehemaligen Wirecard-Chefs abgewiesen. Die eingelegte Berufung vor dem Oberlandesgericht hatte teilweise Erfolg. Wie bereits vom Landgericht Frankfurt entschieden (LG Frankfurt, Urteil v. 07.07.2021, 7 U 19/21), hat der Kläger Anspruch auf vorläufige Abwehrkosten. Diese umfassten auch den Ersatz von PR-Kosten, soweit der versicherten Person „durch kritische Medienberichterstattung über einen versicherten Haftpflichtversicherungsfall ein karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden“ drohe.

Dabei stellte das OLG fest, dass es nicht darauf ankomme, ob die Berichterstattung sich mit einer konkreten zivilrechtlichen Inanspruchnahme (Haftpflicht-Versicherungsfall) befasse oder sich auf den durch das Ermittlungsverfahren ausgelösten Versicherungsfall (Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfall) beziehe.

Bei verständiger Auslegung der Versicherungsbedingungen solle gerade Schutz vor existenzieller Beschädigung des Ansehens im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen gewährt werden, so das Gericht.

Reputationsschutz deckt auch strafrechtliche Ermittlungen ab

Dem Versicherten werde ausdrücklich ein umfassender Reputationsschutz zugesagt. Dies umfasse insbesondere auch den Ersatz von PR-Kosten im Hinblick auf eine kritische Berichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, das im Mittelpunkt des medialen Interesses stehe. Anderenfalls liefe der Versicherungsschutz ins Leere.

Der Höhe nach sei der Anspruch auf Gewährung von PR-Kosten allerdings auf 100.000 Euro pro versicherter Person und Versicherungsperiode begrenzt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt werden.

(OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 29.04.2022, 7 U 150/21)

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