Schutz vor Missbrauch einer General- und Vorsorgevollmacht

General- und Vorsorgevollmachten sind im privaten wie im unternehmerischen Bereich dringend zu empfehlen. Aufgrund der weitreichenden Befugnisse des Bevollmächtigten besteht jedoch ein hohes Missbrauchspotenzial. Dem sollte bereits bei Erteilung der Vollmacht durch eine entsprechende inhaltliche Gestaltung vorgebeugt werden.

Bedeutung von General- und Vorsorgevollmachten

Die Anzahl der General- und Vorsorgevollmachten in Deutschland steigt seit Jahren stetig. Waren vor 10 Jahren rund 2,6 Millionen General- und Vorsorgevollmachten im zentralen Vorsorgeregister eingetragen, hat sich die Zahl bis 2023 auf 6 Millionen erhöht. Immer mehr Menschen möchten bewusst für den Fall vorsorgen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten selbst zu regeln – etwa in gesundheitlichen Notsituation oder bei schweren Krankheiten.

Durch die Erteilung einer General- und Vorsorgevollmacht wird dem Bevollmächtigten das Recht eingeräumt, den Vollmachtgeber im Vorsorgefall umfassend rechtlich zu vertreten. Bei der reinen Generalvollmacht darf der Bevollmächtigte – jedenfalls im Außenverhältnis – bereits ab deren Erteilung handeln. General- und Vorsorgevollmachten werden häufig nicht nur im privaten, sondern auch im unternehmerischen Bereich erteilt, sodass der Bevollmächtigte auch befugt sein kann, unternehmerische Entscheidungen zu treffen oder Gesellschafterrechte des Vollmachtgebers auszuüben. In aller Regel werden diese Vollmachten transmortal, also über den Tod hinaus erteilt, sodass die Vollmacht nicht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt, sondern so lange weitergilt, bis sie vom Erben widerrufen wird.

Bei der Ausübung der Vollmacht hat der Bevollmächtigte den Wünschen und Vorstellungen des Vollmachtgebers nachzukommen und in seinem Interesse zu handeln. Er wird dabei aber weder gerichtlich überwacht, noch unterliegt er sonstigen Beschränkungen, sofern solche nicht ausdrücklich angeordnet werden.

Missbrauchspotenzial

Dies macht die Vorsorgevollmacht zu einem mächtigen Instrument und setzt beim Bevollmächtigten ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein voraus. Vorsorgevollmachten sollten daher nie voreilig und stets nur Personen erteilt werden, zu denen man ein enges Vertrauensverhältnis pflegt.

Gleichwohl werden immer wieder Fälle bekannt, in denen der Bevollmächtigte nicht im Interesse des Vollmachtgebers, sondern zumeist im eigenen Interesse handelt und so die Vollmacht missbraucht. Ein solcher Fall lag der Entscheidung des OLG Köln vom vergangenen Jahr zugrunde, bei dem der Sohn der Vollmachtgeberin das Eigentum an ihrem Grundstück gegen den ausdrücklichen Willen seiner Mutter auf sich selbst umschreiben ließ (Beschl. v. 03.03.2023 – 2 Wx 15/23). Er handelte aufgrund einer ihm erteilten General- und Vorsorgevollmacht, die das Recht enthielt, die Mutter auch bei Geschäften mit sich selbst zu vertreten (Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie der Gefahr eines Vollmachtmissbrauches effektiv begegnet werden kann.

Gesetzliche Schutzmechanismen 

Solange der Vollmachtgeber noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, kann er die Vollmacht jederzeit widerrufen und vom Bevollmächtigten die Herausgabe der Vollmachtsurkunde verlangen. Flankierend dazu trifft den Bevollmächtigten die Pflicht, jederzeit Auskunft darüber zu erteilen, welche Geschäfte er aufgrund der Vollmacht im Namen des Vollmachtgebers getätigt hat. Ist die Vollmacht transmortal ausgestaltet, haben die Erben des Vollmachtgebers nach dessen Tod die gleichen Befugnisse und können dem Bevollmächtigten die Vertretungsbefugnis nötigenfalls entziehen. Dies gilt auch, wenn der Bevollmächtige selbst Miterbe ist und die übrigen Miterben ihm die Vollmacht entziehen wollen.

Ist der Vollmachtgeber nicht mehr handlungsfähig, kann er die Vollmacht nicht mehr selbst widerrufen. Für diesen Fall sieht der erst 2023 eingeführte § 1820 Absatz 3 BGB vor, dass auf Anregung eines Dritten, z. B. eines Familienangehörigen oder eines Mitarbeiters im Unternehmen, ein sogenannter Kontrollbetreuer gerichtlich bestellt werden kann, der die Rechte des Vollmachtgebers gegenüber dem Bevollmächtigten wahrnimmt. Der Kontrollbetreuer kann Auskunft und Rechenschaftslegung vom Bevollmächtigten verlangen und auch die ihm erteilte Vollmacht ganz oder teilweise widerrufen. Letzteres ist nach § 1820 Abs. 5 BGB jedoch nur als ultima ratio zulässig und bedarf zudem einer vorherigen Zustimmung durch das Betreuungsgerichts. Als milderes Mittel kann das Betreuungsgericht die Vorsorgevollmacht deshalb auch nur suspendieren, also anordnen, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht nicht ausüben darf und die Vollmachtsurkunde an den Kontrollbetreuer herauszugeben hat.

Gestaltungsmöglichkeiten

Um die Gefahr eines Missbrauchs von vornherein zu verhindern, empfehlen sich schon bei der Gestaltung der Vollmacht einige vorsorgliche Regelungen:

Zunächst sollte sorgfältig geprüft werden, ob der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein soll oder nicht. Die Befreiung ist insofern riskant, als der Bevollmächtigte dann im eigenen Interesse agieren und sich zulasten des Vollmachtgebers bereichern kann.

Denkbar ist weiter vorzusehen, dass ein Bevollmächtigter bei Geschäften von besonderer Tragweite nicht allein agieren kann, sondern die Mitwirkung eines zweiten Bevollmächtigten erforderlich ist. Diese Beschränkung empfiehlt sich etwa bei Grundstücksgeschäften oder unternehmerischen Entscheidungen ab einer definierten Größenordnung. Die Einsetzung mehrerer Bevollmächtigter führt zu einer gegenseitigen Kontrolle und mindert so die Missbrauchsgefahr.

Denkbar ist auch, bei Erteilung der Vollmacht einen "Kontrollbevollmächtigten" zu benennen, dessen einzige Aufgabe darin besteht, den Hauptbevollmächtigten zu überwachen und ihm die Vollmacht nötigenfalls zu entziehen, wenn der Vollmachtgeber dazu nicht mehr in der Lage ist. Die Vorteile gegenüber der Kontrollbetreuung bestehen darin, dass die ausdrückliche Anordnung in der Vollmachtsurkunde einerseits für den Hauptbevollmächtigten bereits eine psychische Hemmschwelle schafft. Zudem kann der Vollmachtgeber die Person des Kontrollbevollmächtigten von vorneherein festlegen und ist nicht auf die Entscheidung des Betreuungsgericht angewiesen. Schließlich unterliegt der Kontrollbevollmächtigte, anders als der Kontrollbetreuer, auch nicht der Aufsicht des Betreuungsgerichts und ist diesem gegenüber daher nicht zur Rechenschaft verpflichtet.

Fazit und Handlungsempfehlung

Mit den gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen lässt sich zwar ein drohender oder bereits eingetretener Vollmachtsmissbrauch wirksam verhindern oder unterbinden. Um die immanente Gefahr des Missbrauchs der General- und Vorsorgevollmacht jedoch von vorneherein zu begrenzen, sollte diese bereits auch inhaltlich entsprechend ausgestaltet sein.