Reform entschärft den patentrechtlicher Unterlassungsanspruch

Eine Patentrechtsreform ist auf den Weg gebracht. Im Fokus steht v.a. der Unterlassungsanspruch, der Betroffene mit ihren Produkten u.U. existenzgefährdend lahmlegt. Bei „unverhältnismäßiger Härte“, so soll es künftig im Gesetz verankert sein, ist die Unterlassung ausnahmsweise nicht gerichtlich anzuordnen. 

Gewerblicher Rechtsschutz soll zeitgemäßer und überschaubarer werden

Das Patentrecht und andere Gesetze im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sollen moderner und einfacher gestaltet werden, so das schon aus dem Titel entnehmbare Ziel dieses „Zweiten Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts“, das im Abstand von zehn Jahren auf das Erste Gesetz dieser Art folgt.

Stillstand nach Patentrechtsverletzung kann Firmentod bedeuten

Ein Brennpunkt und Gegenstand hitziger Debatten in den vergangenen Jahren ist der Anspruch auf Unterlassung bei Verletzung eines Patentrechts. Der Betroffene darf, wenn er auf Unterlassung in Anspruch genommen wird, die patentierte Erfindung – und sei sie auch nur ein Mini-Bauteil - nicht nutzen, was ihn im schlimmsten Fall das „wirtschaftliche Aus“ kosten kann.

Wärmetauscher: Vorreiter-Entscheidung des BGH aus 2016 wird Gesetz

Der BGH hatte 2016 in einem Fall, in dem es um Wärmetauscher ging entschieden, dass eine gerichtliche Unterlassungsverfügung nicht ergehen darf, soweit die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs des Verletzten auch unter Berücksichtigung seiner Interessen gegenüber dem Patentverletzer eine unverhältnismäßige Härte darstellt und daher treuwidrig wäre (BGH, Urteil v. 10.5.2016, X ZR 114/13).

Die BGH-Entscheidung wurde in der Folgezeit offenbar nicht in voller Konsequenz von den Instanzgerichten angewandt oder wahrgenommen, weshalb sich der Gesetzgeber nun veranlasst sieht, diese Rechtsprechung im Gesetz, namentlich in dem zu ergänzenden § 139 PatG festzuschreiben und so sichtbarer zu machen.   

Es ist ein Balanceakt zwischen den Positionen

Bei Patentrechte geht es um viel Geld, die Verletzung eines Patents trägt einen beachtlichen Unrechtsgehalt, eine (unberechtigte) Unterlassungsverfügung kann aber existenzgefährdend sein. Festzustellen , ob eine Patentverletzung vorstellt ist aber nicht profan und u.U. aufwändig.  Ein Mittelweg ist zu finden um die Interessen in Einklang zu bringen

  • die einerseits einen vollwertigen, konsequenten Schutz des Patentrechts wollen und
  • andererseits unverhältnismäßige, existenzgefährdende Härten vermeiden wollen.

Dies auszutarieren wird auch mit der geplanten Neuregelung Aufgabe der entscheidenden Richter in jedem Einzelfall sein.

Patentrechtsreform plant flankierende Strafausschließung

Dem Verletzer soll zusätzlich zum „Gnadeakt“ der nicht verfügten Unterlassung ein persönlicher Strafausschließungsgrund zugebilligt werden (§ 142 PatG). Wird so ein Ausnahmefall angenommen, kann der Verletzte zum Ausgleich aber zumindest eine Entschädigung verlangen.

Getrennte Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren werden zeitlich angeglichen

Ein weiteres bedeutendes Anliegen der Reform ist es, das Trennungsprinzip harmonischer zu gestalten. Bisher ist es gespalten:

  • Die Verletzung eines Patents wird vor dem Zivilgericht geklärt,
  • die Frage der Nichtigkeit vom Bundespatentgericht.

Letzteres Verfahren läuft meist parallel, braucht aber regelmäßig länger. Während auf die Entscheidung vom Bundespatentgericht gewartet wird, herrscht eine Rechtsunsicherheit, die Investitionsentscheidungen faktisch unmöglich macht.

Nichtigkeitsverfahren wird für einen anvisierten Gleichlauf verkürzt

Diesem Dilemma wird in dem Gesetzesentwurf durch eine Entschlackung und Beschleunigung des Nichtigkeitsverfahrens begegnet. Innerhalb von sechs Monaten z.B. soll das Patentgericht dem Zivilgericht seinen vorläufigen Hinweisbeschluss zur Bewertung der Rechtslage zukommen lassen (§ 83 PatG). Dieser ist zwar weiterhin unverbindlich, aber oft hilfreich bei der eigenen Entscheidungsfindung, insbesondere weil beim Patentgericht auch Techniker ihr Wissen mit einbringen.

Unter dem Modernisierungsgesichtspunkt ist die geplante erweiterte Möglichkeit des Einsatzes von Videokonferenz-Technik in dem Verfahren vor dem DPMA, auch für Verfahren nach dem Gebrauchsmuster-, dem Marken-, dem Design- und dem Halbleiterschutz hervorzuheben.

(Regierungsentwurf für ein „Zweites Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts“ v. 28.10.2020)

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