Kippt Unklarheit zum Beginn der Widerspruchsfrist die Belehrung?

Ist in einer Belehrung über das Widerrufsrecht vorgesehen, dass die Widerspruchsfrist mit Überlassung der Verbraucherinformationen und dem Versicherungsschein zu laufen beginnt, genügt dies den gesetzlichen Anforderungen.

Bei verschiedenen Verträgen - so zum Beispiel bei Abschluss von Versicherungen, bei Darlehensverträgen oder bei Verträgen, die im Wege der elektronischen Kommunikation zustanden kommen – steht Verbrauchern ein Widerrufs- oder Widerspruchsrecht zu.

Beginn der Widerrufsfrist

Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechtes beginnt aber erst zu laufen, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden ist. Zusätzlich müssen dem Verbraucher bei dem Abschluss einer Versicherung bestimmte Verbraucherinformationen und der Versicherungsschein zugegangen sein. Ansonsten kann der Widerruf bzw. Widerspruch mitunter noch Jahre später erklärt werden.

Widerruf erfolgt häufig wegen Vertragsreue

Da viele Verbraucher darin eine Möglichkeit sehen, sich von unliebsamen Verträgen mehrere  Jahre nach Vertragsabschluss zu lösen, hatten sich schon diverse Gerichte mit unterschiedlichen Widerrufsbelehrungen zu befassen. Insbesondere wenn die Belehrungen von dem vom Gesetzgeber herausgegebenen Muster abweichen, fragt sich ob der Verbraucher im Einzelfall ordnungsgemäß und ausreichend verständlich über sein Widerrufsrecht informiert wurde.

Fristbeginn mit Zugang aller Unterlagen

Auf eine unzureichende Belehrung hat sich auch ein Kläger in einem Verfahren vor dem OLG Dresden berufen, der im Jahre 2001 einen Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Erst im Jahre 2019 hat er den „Rücktritt“ vom Vertag erklärt und meinte, sich wegen fehlerhafter Belehrung auf sein Widerspruchsrecht berufen zu können. Insbesondere hat er beanstandet, dass ihm die erforderlichen Unterlagen, nämlich die Belehrung und die Verbraucherinformationen, nicht bei Antragstellung, sondern erst zusammen mit dem Versicherungsschein zugegangen seien.

Gericht sah ausreichende  Belehrung über das Widerspruchsrecht

Die Richter ließen dieses Argument jedoch nicht gelten. Sie stellten fest, dass der Mann in ausreichendem Umfang und drucktechnisch hervorgehoben über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Mit Zugang der Unterlagen begann demnach die 14-tägige Widerspruchsfrist zu laufen. Diese war im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Mannes längst abgelaufen. Er hatte mit seiner Klage keinen Erfolg.

(OLG Dresden, Beschluss v. 3.5.2021, 4 U 421/21).

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Hintergrund:

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (RL 2011/83/EU) die Regelungen zum Verbraucherschutz neu strukturiert und an die EU-Vorgaben angepasst. Im Zuge dessen wurden auch die gesetzlichen Muster für Widerrufsbelehrungen geändert.  

Es gibt insgesamt drei Muster für Widerrufsbelehrungen, die unterschiedliche Vertragsarten betreffen:

  1. Muster für die Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (AGV) und bei Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen (Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB), das in dieser Arbeitshilfe erörtert wird,
  2. Muster für die Widerrufsbelehrung bei AGV und bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen (Anlage 3 zu Art. 246b § 2 Abs. 3 EGBGB) und ein
  3. Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge (Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB).

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Widerruf, Widerrufsbelehrung, Lebensversicherung