Geschwindigkeitsüberschreitung: Fahrverbot für Berufskraftfahrer

Ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 41 Stundenkilometer führt in der Regel zu einem einmonatigen Fahrverbot, von dem nur abgesehen werden, wenn Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Härte vorliegen. Allein die Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ohne einen konkreten Beleg dafür, reicht nicht aus.

43 Stundenkilometer hatte ein Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der A3 im April 2021 überschritten. Das brachte ihm nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Bußgeldverordnung eine Geldstrafe von 160 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat ein (§§ 24,25 StVG, § 4 Abs. 1 i.V.m. Nr. 11.3.7 BKatV).

Berufskraftfahrer in Probezeit befürchtete Kündigung wegen des Fahrverbots

Gegen diesen Bescheid legte der Mann, der erst seit kurzem als Berufskraftfahrer arbeitete, Einspruch ein. Da er noch in der Probezeit sei, könne ihm fristlos gekündigt werden. Dies sei zu befürchten, wenn ein Fahrverbot festgesetzt werde.

Amtsgericht sah im Fahrverbot eine besondere Härte

Das Amtsgericht Wiesbaden folgte der Argumentation des Mannes. Das Fahrverbot stelle eine besondere Härte für den Berufskraftfahrer dar. Das Gericht verdoppelte die Geldbuße und hob das Fahrverbot auf.

Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde ein. Die Feststellungen des Amtsgerichts deckten nicht die Voraussetzungen für ein Absehen vom Fahrverbot. Das OLG Frankfurt hob das Urteil des Amtsgerichts auf.

Wann von einem Fahrverbot grundsätzlich abgesehen werden kann

Grundsätzlich sei zwar anerkannt, dass von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, wenn

  • dem Betroffenen infolge des Fahrverbots der Verlust seines Arbeitsplatzes oder bei Selbstständigen der Existenzverlust drohe und
  • dies nicht durch zumutbare Vorkehrungen vermieden werden könne (OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.07.2006, 2 Ss-OWi 246/06).

Das Amtsgericht sei in seiner Urteilsbegründung zwar im Grundsatz zu Recht davon ausgegangen, dass ein Fahrverbot für einen Berufskraftfahrer in Probezeit die Sorge vor der Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertige.

Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Maßstäbe der Besorgnis einer drohenden Kündigung in einem nicht gesicherten Arbeitsverhältnis nicht zu hoch angesetzt werden dürften.

OLG: Nicht klar, ob dem Berufskraftfahrer tatsächlich die Kündigung wegen des Fahrverbots drohte

Das OLG bemängelte, dass die Feststellungen des Amtsgerichts ausschließlich auf den Angaben des betroffenen Berufskraftfahrers beruhten. Das Gericht habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Mann konkret eine Kündigung durch seinen Arbeitgeber befürchten müsse.

Um Missbrauch auszuschließen und dem Rechtsbeschwerdegericht eine Entscheidung auf fundierter Rechtsgrundlage zu ermöglichen, müsse der Tatrichter im Urteil darlegen, aus welchen Gründen er die Angaben für glaubhaft erachtet. Die Begründung im Urteil dürfe sich nicht in einer unkritischen Wiedergabe der Ausführungen des Betroffenen erschöpfen.

Das Amtsgericht habe nicht dargelegt, warum es die Aussagen des Betroffenen für glaubhaft erachte. Zudem sei nicht erkennbar, ob Zweifel aufgekommen seien, ob die Aussagen des Betroffenen zutreffend seien.

Das OLG hat die Sache deshalb an das Amtsgericht zurückverwiesen, damit dieses weitere Feststellungen zur Frage treffen könne, ob das Fahrverbot im konkreten Fall eine besondere Härte darstellen würde.

(OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.04.2022, 3 Ss-OWi 415/22)


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