Corona-MPK: Basisschutz, Hotspot-Strategie, Maskenpflicht

Die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler hatten bereits vor einem Monat die Reform des IfSG mit weitgehendem Wegfall der Coronabeschränkungen beschlossen. Angesichts höchster Inzidenzwerte wollten die Bundesländer zurückrudern – ohne Erfolg. Die Bundesregierung setzt die beschlossene Rückkehr in die Normalität fort.

Bei der mittlerweile 36. Bund-Länder-Runde zur Corona-Pandemie hatten die Länder nicht mehr viel zu melden. Der Bund zieht die bereits bei der vorigen MPK beschlossenen Lockerungen gegen den erklärten Willen vieler Bundesländer durch. Die meisten Bundesländer machen allerdings von der Möglichkeit der Beibehaltung der Coronabeschränkungen für eine Übergangsfrist bis zum 2. April Gebrauch.

Rechtsgrundlage für Schutzmaßnahmen der Länder entfällt

Mit Auslaufen der Regelungen der §§ 28a Abs. 7-9 und 28b IfSG am 19. März 2022 entfiel die Rechtsgrundlage für den Großteil der von den Ländern in ihren diversen Coronaschutzverordnungen verfügten Beschränkungen. Damit wäre der 20. März eigentlich der von Teilen der Bundesregierung angekündigte „Freedom Day“ gewesen. Der wird aber in den meisten Bundesländern noch (mindestens) 14 Tage auf sich warten lassen. Die Mehrheit der Landesregierungen hat angekündigt, von der ihnen nach dem neuen Gesetz zugebilligten Übergangsfrist einer noch 14-tägigen Beibehaltung der bestehenden Coronabeschränkungen angesichts der zurzeit bestehenden extrem hohen Inzidenzwerte Gebrauch zu machen.

Fragmentarischer Basisschutz bleibt

Nach den neuen Regelungen bleiben Basisschutzmaßnahmen lediglich in einigen Teilbereichen bundeseinheitlich bestehen. Dies ist vor allem die Maskenpflicht im Luft- und Personenfernverkehr, die jedoch von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates unter Berücksichtigung der Entwicklung des Infektionsgeschehens ausgesetzt werden kann.

Basisschutzoptionen der Länder

Den Ländern wird in einem niedrigschwelligen Bereich die Möglichkeit eingeräumt, unabhängig vom Infektionsgeschehen auf ihrem Gebiet gewisse Basisschutzmaßnahmen anzuordnen. Hierzu gehören:

  • Die Anordnung der Maskenpflicht in Krankenhäusern, Dialyseeinrichtungen, Pflegeeinrichtungen, bei ambulanten Pflegediensten, im öffentlichen Personennahverkehr und in Unterbringungseinrichtungen für Asylbewerber.
  • Eine Testpflicht beim Betreten von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegeeinrichtungen, in Asylbewerberheimen und Justizvollzugsanstalten, in Einrichtungen des Maßregelvollzugs, in psychiatrischen Krankenhäusern sowie in Heimen der Jugendhilfe.

Hot-Spot-Regelung

Die Länder erhalten die Möglichkeit im Falle der konkreten Gefahr einer bedrohlichen Infektionslage in bestimmten Regionen (Hot Spots) infolge des Auftretens einer besonders gefährlichen Virusvariante oder wegen drohender Überlastung der Krankenhauskapazitäten erweiterte Schutzmaßnahmen zu treffen. Auch diese Option ist aber begrenzt auf einen engen Katalog von konkreten Maßnahmen wie die Einführung einer Maskenpflicht, eines Abstandsgebotes und die Verpflichtung bestimmter Einrichtungen zur Bereitstellung von Hygienekonzepten.

Erweiterte Maßnahmen streng reglementiert

Diese erweiterten Maßnahmen sind von konkreten Voraussetzungen abhängig:

  • Sie können nur mit Zustimmung des jeweiligen Landesparlaments in Kraft gesetzt werden.
  • Die betroffene Gebietskörperschaft (Landkreis) muss das Bestehen einer konkreten Gefahr sowie
  • den Bedarf an weitergehenden Schutzmaßnahmen förmlich feststellen.

Diese Regelung wird von den Ländern als wenig flexibel und nur mit erheblichem Zeitaufwand umsetzbar kritisiert. Das Gesetz erlaubt solche weitergehenden Schutzmaßnahmen längstens bis zum 23.9.2022.

Erneuter Flickenteppich in Ländern zu erwarten

In der Praxis bedeutet die Reform, dass mit Ablauf des 2.4.2022 die bisherigen coronabedingten Beschränkungen bundesweit flächendeckend entfallen werden. Inwieweit und in welchem Umfang einzelne Bundesländer von der Hot-Spot-Regelung Gebrauch machen werden, bleibt abzuwarten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betont, in Einzelfällen könne die Hotspot-Regelung auch dazu führen, dass ein ganzes Bundesland zum Hotspot erklärt wird. Dies halten die Länderchefs allerdings für praxisfremd, denn in diesen Fällen müssten in sämtlichen Landkreisen und kreisfreien Städten durch die entsprechenden Gebietskörperschaften eine Gefährdungslage festgestellt werden. Außerdem kritisieren die Länderchefs die Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe zur Feststellung einer solchen Gefährdungslage und befürchten für diese Fälle schon jetzt eine große Zahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Rückkehr zur Normalität in Gastronomie und Einzelhandel

Im Ergebnis wird trotz des Widerstandes in den Ländern bundesweit wieder weitgehende gesellschaftliche und geschäftliche Normalität eintreten. Die Gesichtsmaske dürfte in vielen Bundesländern weitgehend aus dem Alltag verschwinden. Großveranstaltungen sind wieder unbegrenzt möglich. Besonders die Gastronomie und der Einzelhandel kehren zur ersehnten Normalität zurück.

Schutz vulnerabler Gruppen

Die MPK betonte, dass der besondere Schutz vulnerabler Gruppen auch weiterhin gesichert ist und wies auf die seit dem 15.3.2022 geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht für Kliniken, Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen hin. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung sollen bis zum Herbst behoben werden. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten.

Homeoffice-Pflicht endete zum 20. März

Die Regelungen zur Homeoffice-Pflicht sind mit dem 20. März ebenfalls ersatzlos entfallen. Inwieweit Arbeitgeber die Möglichkeit haben, auch über dieses Datum hinaus eigene Maßnahmen zum Infektionsschutz in ihren Betrieben vorzusehen, ist arbeitsrechtlich noch nicht wirklich geklärt. Denn ohne gesetzliche Grundlage sind Arbeitgeber grundsätzlich nicht befugt, eigene betriebliche 2G- oder 3G-Zugangsregelungen in ihren Betrieben anzuordnen, weil dies eine Einschränkung der in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz geregelten Berufsausübungsfreiheit bedeuten würde.

Wirtschaftshilfen

Ein Großteil der bisherigen Wirtschaftshilfen wurde bereits mit der Februar-MPK großzügig verlängert.

  • Nach einem zuvor getroffenen Beschluss der Bundesregierung wird die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld über den 31.3.2022 hinaus verlängert.
  • Die Überbrückungshilfe IV wird bis zum 30.6.2022 verlängert,
  • ebenso die Neustart- und Härtefallhilfen sowie
  • der Sonderfonds Kulturveranstaltungen.

Wegen erheblichen Missbrauchs dieser Wirtschaftshilfen in der Vergangenheit haben Bund und Länder darüber hinaus organisatorische und personelle Maßnahmen beschlossen, um kriminellen Missbrauch in Zukunft besser zu verhindern.

Steuerliche Maßnahmen

Flankierend hat das Kabinett am Tag des MPK-Beschlusses mehrere Steuererleichterungen für Bürger und für Unternehmen beschlossen, die in der Corona-Krise helfen sollen.

  • Arbeitnehmer sollen auch im laufenden Jahr in der Steuererklärung eine Home-Office-Pauschale geltend machen können.
  • Für Unternehmen wurden erweiterte Möglichkeiten für die steuerliche Verrechnung von coronabedingten Verlusten mit Gewinnen der Vorjahre vorgesehen.
  • Daneben sind verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und Investitionsanreize geplant.
  • Der Coronabonus für Pflegekräfte soll bis zu einer Höhe von 3.000 EUR steuerfrei bleiben

Wann ist die nächste MPK?

Ob in naher Zukunft eine weitere Zusammenkunft der Länderchefs und des Bundeskanzlers zu Fragen der Bekämpfung der Corona-Pandemie erforderlich sein wird, ist derzeit nicht abzusehen. Die Neuregelungen sollen zunächst bis zum 23.9.2022 gültig bleiben. Spätestens dann könnten neue Verhandlungen erforderlich werden.


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Schlagworte zum Thema:  Coronavirus, Infektionsschutzgesetz