Corona: Zwangsgeldandrohung gegen Schulverweigerer ist rechtmäßig

Das VG Düsseldorf hat die Androhung eines Zwangsgeldes durch die Bezirksregierung gegenüber der Mutter eines Schülers, der die Teilnahme am Präsenzunterricht wegen der Corona-Gefahren verweigerte, für rechtmäßig befunden.

In einer Eilentscheidung hat das VG Düsseldorf die grundsätzliche Pflicht der Eltern, ihre schulpflichtigen Kinder zur regelmäßigen Teilnahme am Schulunterricht anzuhalten, als höherwertig eingestuft als die sich hieraus ergebenden Einschränkungen des Elternrechts.

Verweigerung des Schulbesuchs aus Angst vor Corona

Der 15-jährige Düsseldorfer Gymnasiast hatte seit November 2021 nicht mehr am regulären Schulunterricht teilgenommen. Begründung des Schülers: Die mit dem Schulbesuch in Zeiten der Corona-Pandemie verbundene Gefahr der Ansteckung mit dem Cov-2-Virus und der Übertragung einer Coronaerkrankung auf seine Mutter, die zu einer besonders gefährdeten Risikogruppe gehöre. Die Mutter teilte die Ansicht ihres Sohnes, dass der Besuch des Schulunterrichts mit nicht hinnehmbaren Gesundheitsgefahren verbunden sei.

Keine Befreiung vom Präsenzunterricht

Bereits im Jahr 2021 hatte der Schüler, vertreten durch seine Mutter, einen Antrag auf Befreiung der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht gestellt und hierzu ein gerichtliches Eilverfahren eingeleitet. Sowohl das VG als auch in 2. Instanz das OVG wiesen das Begehren auf Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht jedoch zurück (OVG Münster, Beschluss v 22.9.2021, 19 B 1458/21).

Förmliche Ordnungsverfügung mit Zwangsgeldandrohung

Nachdem der Schüler, unterstützt von seiner Mutter, trotz der gerichtlichen Entscheidungen weiterhin die Teilnahme am Präsenzunterricht verweigerte, forderte die Bezirksregierung Düsseldorf die Mutter des Schülers in einer förmlichen Ordnungsverfügung auf, den Schulbesuch ihres Sohnes künftig sicherzustellen. Für den Fall der Nichterfüllung drohte die Bezirksregierung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500 Euro an.

Eilantrag der Mutter auf einstweiligen Rechtsschutz

Der hiergegen beim VG gerichtete Antrag der Mutter auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Zwangsgeldandrohung hatte keinen Erfolg. Die Mutter machte geltend, durch die Androhung des Zwangsgeldes in ihrem durch Art. 6 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten Elternrecht verletzt zu sein. Die Teilnahme ihres Sohnes am Präsenzunterricht gefährde die Gesundheit ihrer kleinen Familie und sei deshalb nicht zumutbar.

Befreiung vom Präsenzunterricht nur aus dringenden Gründen

Das angerufene VG hatte kein Verständnis für diese Verweigerungshaltung der Mutter. Die Schulpflicht sei eine von der Verfassung in Art. 7 GG vorausgesetzte Obliegenheit. Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 SchulG NRW seien Schüler verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und an sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen teilzunehmen. Nach § 2 Abs. 1 der DistanzlernVO NRW werde der Schulunterricht in der Regel als Präsenzunterricht erteilt. Hiervon dürfe nur in dringenden Fällen abgewichen werden.

Keine Befreiungsgründe im konkreten Fall

Dringende Gründe, die eine Befreiung des Schülers vom Präsenzunterricht rechtfertigen würden, waren nach Auffassung des VG nicht gegeben. Insbesondere seien die mit der Corona-Pandemie verbundenen Infektionsgefahren nach dem Gesetz kein dringender Grund, von der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht abzusehen. Mit der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht verletze der Staat auch nicht das Grundrecht des Schülers und seiner Mutter auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Medizinische Gründe für eine besonders hohe Vulnerabilität der Mutter oder des Sohnes seien nicht ersichtlich.

Kein Anspruch auf Ausschluss jeglicher Gesundheitsgefahr

Schüler haben nach der Entscheidung des VG gegenüber dem Staat auch keinen Anspruch auf einen absolut sicheren Ausschluss jeglicher Gefahr der Ansteckung mit dem Cov-2-Virus. Vielmehr sei das Recht der Schüler auf Gesundheitsschutz mit dem durch die Schulpflicht gewährleisteten Recht auf Bildung abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sei zu berücksichtigen, dass das Risiko, am Corona-Virus zu erkranken, sich mit den allgemeinen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf ein erträgliches Maß zurückführen lasse. Hierzu zählt das Gericht u.a. das freiwillige Tragen einer Maske im Schulgebäude als auch die Impfangebote, die zumindest das Risiko des schweren Verlaufs einer Corona-Erkrankung minimierten. Darüber hinaus habe das Schulministerium des Landes Nordrhein-Westfalen für das kommende Schuljahr ein umfangreiches Handlungskonzept mit zahlreichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus in Schulen erarbeitet.

Zwangsgeldandrohung erforderlich und angemessen

Vor diesem Hintergrund bewertete das VG die Aufforderung gegenüber der Mutter, ihren Sohn zum Schulbesuch anzuhalten, als zur Durchsetzung der Schulpflicht rechtlich geboten. In Anbetracht der bereits lang andauernden Verweigerung der Teilnahme am Präsenzunterricht sei das angedrohte Zwangsgeld angemessen und zur Durchsetzung der Erfüllung der Schulpflicht im konkreten Fall erforderlich.

(VG Düsseldorf, Beschluss v 5.8.2022, 18 L 621/22)

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