AfD gegen Wanka - BVerfG pocht auf Neutralität im Ministeramt

Die Bundesbildungsministerin Wanka unterlag vor dem BVerfG gegen die AfD. Die Verfassungsrichter sahen die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit dadurch überschritten, offiziellen Kanäle der Ministerien zu nutzen, um sich unter der Überschrift "Rote Karte für die AfD" gegen eine Parteiveranstaltung zu wenden. Der Boykottaufruf im Jahr 2015 habe gegen das Neutralitätsgebot des Staates verstoßen.

Auf der Homepage des Bildungsministeriums hatte Johanna Wanka im Jahre 2015 dazu aufgerufen, eine von der AfD organisierte Demonstration zu boykottieren.

  • Auf der Höhe der Flüchtlingskrise hielt es das Ministerium für erforderlich, gegen die vielen Hass-Kommentare aus AfD-Kreisen ein Zeichen zu setzen
  • und forderte im November 2015 öffentlich dazu auf, der AfD die „Rote Karte“ zu zeigen.

Als Reaktion auf „Rote Karte für Merkel“

Mit ihrer Aktion reagierte das Bundesbildungsministerium auf den von der AfD im Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle verbreiteten Slogan: „Rote Karte für Merkel-Asyl braucht Grenzen “. Auf der Homepage des Ministeriums hieß es weiter:

„Die rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden. Björn Höcke und andere Sprecher der Partei leisten der Radikalisierung in der Gesellschaft Vorschub“.

Außerdem warnte die Ministerin vor einer Unterstützung Rechtsextremer, die offen Volksverhetzung betrieben und nannte dabei auch den Namen des Pegida-Scheffels Bachmann.

Recht der AfD auf Chancengleichheit

Die Verfassungsrichter wiesen nun auf die Neutralitätspflicht der staatlichen Organe hin. Diese verbiete es, die politische Veranstaltung einer Partei negativ zu bewerten, denn damit würde das durch Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit verletzt.

  • Im Rahmen ihrer amtlichen Funktion treffe die Ministerien eine strikte Neutralitätspflicht.
  • Diese Neutralitätspflicht gelte in besonderem Maße, wenn ein Minister die Autorität sowie die Ressourcen und offiziellen Kanäle seines Amtes in Anspruch nehme.

Strikte staatliche Neutralitätspflicht gegenüber Demonstrationen

Die Regierung darf nach Auffassung der Verfassungsrichter die Durchführung politischer Demonstrationen oder das Verhalten potentieller Teilnehmer in grundsätzlich nicht in ihrem Sinne beeinflussen.

  • Gerade Demonstration seien für politische Parteien ein wichtiges Mittel des Meinungskampfes, gegenüber dem eine strikte Neutralitätspflicht staatlicher Organe gelte.
  • Andernfalls würde der politische Wettbewerb der Parteien in unzulässiger Weise verzerrt.
  • Dies gelte grundsätzlich auch außerhalb von Wahlkampfzeiten.

Staatliche Organe müssen gegenüber Kritikern sachlich bleiben

Die Verfassungsrichter verkannten nicht, dass auch die staatlichen Organe grundsätzlich die Möglichkeit zur Erläuterung ihrer Maßnahmen und Vorhaben haben müssen und sich dabei auch mit kritischen Einwänden anderer auseinandersetzen dürfen.

  • Hierbei hätten die staatlichen Organe sich jedoch jeglicher unsachlicher Äußerungen zu enthalten.
  • Insbesondere Minister seien zu parteipolitischer Zurückhaltung verpflichtet.
  • Die Aufforderung, einer bestimmten Partei die rote Karte zu zeigen, stelle eine eindeutige Verletzung dieser Pflicht zur parteipolitischen Zurückhaltung dar. 

Kein Recht auf Gegenschlag

Die Bundesregierung habe nicht das Recht, auf unsachliche Angriffe in gleicher Weise unsachlich zu reagieren, insbesondere bestehe kein Recht zum Gegenschlag. Dies gelte auch dann, wenn die staatlichen Organe selbst zuvor diffamierenden Angriffen einer Partei ausgesetzt gewesen seien.

Niederlage des Bundesbildungsministeriums

Durch den Aufruf der Bundesbildungsministerin, der AfD die rote Karte zeigen, wurden die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit nach Auffassung der Verfassungsrichter damit überschritten. Im Ergebnis bestätigten die höchsten deutschen Richter ihre bereits im November getroffene Eilentscheidung, wonach das Ministerium die entsprechende Stellungnahme von seiner Homepage entfernen musste.

(BVerfG, Urteil v. 27.02.2018, 2 BvE 1/16).

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