BGH zum Streitwert der Anfechtung eines Abrechnungsbeschlusses

Der Streitwert für die Anfechtung eines Abrechnungsbeschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Ziel der Ungültigkeitserklärung bemisst sich nach dem Nennbetrag der Jahresabrechnung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich mit der Höhe des Streitwertes bei der Anfechtung eines nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefassten Abrechnungsbeschlusses einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Entscheidung des BGH richtet sich der Streitwert regelmäßig nach dem Wert des Gesamtbeschlusses, mit der Folge, dass die Anfechtung teuer werden kann.

Beschlussmängelklage einer Wohnungseigentümerin

Im konkreten Fall hatte die Klägerin als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft angefochten, mit dem Nachschüsse und Anpassungen von beschlossenen Vorschüssen aus Einzelabrechnungen für die Jahre 2019, 2020 genehmigt und fällig gestellt worden waren. Die Klägerin erhob gegen diese Beschlüsse Beschlussmängelklage, die nach Auffassung des BGH wegen Überschreitung der Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG verfristet war.

Bisherige Rechtslage für Streitwertfestsetzung

Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes im Dezember 2020 bestimmte sich der Streitwert für die Beschlussmängelklage gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümer über die Genehmigung der Jahresabrechnung gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. nach dem hälftigen Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer bezogen auf den vollen Nennbetrag der Jahresabrechnung (BGH, Beschluss v. 6.12.2018, V ZR 239/17; BGH, Beschluss v. 9. 2.2017, V ZR 188/16).

Rechtslage nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes

Durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz wurden die Streitwertvorschriften für Beschlussmängelklagen geändert. Im konkreten Fall setzte der BGH den Streitwert für das Revisionsverfahren auf 77.638,68 Euro fest. Dabei wandte der BGH folgende Grundregeln an:

  • Gemäß § 49 GKG ist in Verfahren über Beschlussklagen gemäß § 44 Abs. 1 WEG der Streitwert nach der Höhe des Interesses aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen.
  • § 49 S. 2 GKG sieht für die Höhe des Streitwertes eine Begrenzung auf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen vor.
  • Darüber hinaus darf der Streitwert den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers nicht übersteigen.

Beschlussmängelklage erfordert Überprüfung der gesamten Jahresabrechnung

Zur Begründung einer Streitwertfestsetzung nach diesen Maßgaben verwies der BGH auf die Bedeutung der Jahresabrechnung. Diese diene zwar - anders als nach § 28 Abs. 5 WEG a.F. - nur der Vorbereitung des Beschlusses über die Einforderung von Nachschüssen bzw. der Anpassung der zu leistenden Vorschüsse. Gleichwohl sei für die Höhe des Streitwertes der Nennbetrag der Gesamtabrechnung maßgeblich. Denn die Richtigkeit der beschlossenen Zahlungsverpflichtungen könne nur festgestellt werden, wenn inzident die Richtigkeit der gesamten Jahresabrechnung überprüft werde. Dies sei bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen. Schließlich bestehe das Interesse der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung darin, die tatsächlich entstandenen Kosten vollständig auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen.

Begrenzung des Streitwertes anhand des Individualinteresses

Das für die Berechnung der Grenze des § 49 Satz 2 GKG maßgebliche Individualinteresse des anfechtenden Klägers entspricht nach der Bewertung des Senats dem Anteil des Anfechtenden am Nennbetrag der Abrechnung. Insoweit ist der Streitwert nach oben gemäß § 49 Abs. 2 GKG auf das Siebeneinhalbfache des Individualinteresses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie auf den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums begrenzt.

(BGH, Beschluss v. 24.2.2023, V ZR 152/22)