BAG zur nötigen Signatur elektronischer Schriftsätze über EGVP

Elektronische Schriftsätze über das EGVP müssen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein – eine Container-Signatur ist seit 2018 nicht mehr ausreichend. Das gilt auch, wenn lediglich ein Dokument via Container übermittelt wurde. Aus dem Rechtsstaatsprinzip und der prozessuale Fürsorgepflicht folgt aber eine Hinweispflicht des Gerichtes bei einem entsprechenden Schriftsatzeingang.

Ein Schriftsatz an das elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) kann mangels passender Signatur ins Leere gehen.

Elektronischer Rechtsverkehr VO (ERVV) brachte neue  Signaturvorgaben

Wie bereits kürzlich das Bundessozialgericht hat nun auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden,

  • dass seit Anfang dem 1.1.2018 im elektronischen Rechtsverkehr die sog. Container-Signatur nicht mehr zulässig ist
  • und keine fristwahrende Wirkung hat.
  • Dies ergibt sich aus dem seit dem 1.1.2018 gültigen § 4 Abs. 2 ERVV (Elektronischer Rechtsverkehr VO).
  • Folglich muss, so das BAG, jedes Dokument, welches an das Gericht gesendet wird, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen sein.

Nichtzulassungsbeschwerde an das EGVP durch Container-Signatur neutralisiert

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit von zwei Kündigungen. Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten und das LAG Mecklenburg-Vorpommern eine Revision nicht zugelassen hatte, reichte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde bei BAG ein.

  • Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift sowie sodann die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung
  • reichte der Kläger jeweils als elektronisches Dokument über das EGVP ein,
  • wobei sich in beiden Fällen die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) nicht auf das pdf-Dokument selbst bezog,
  • sondern auf den „Nachrichtencontainer“.

Nichtzulassungsbeschwerde war unzulässig, da nicht formgerecht

Nach dem Beschluss des BAG war die Beschwerde unzulässig, da sie nicht formgerecht innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen war.

Nach § 130a Abs. 4 ZPO muss das elektronische Dokument mit einer qeS der verantwortenden Person versehen sein

oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sein.

Mehrere elektronische Dokumente dürfen hingegen nach der Elektronischen-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden.

Dadurch soll verhindert werden, dass nach der Trennung eines elektronischen Dokuments vom sog. Nachrichtencontainer die Container-Signatur nicht mehr überprüft werden kann.

Jedes einzelne Dokument muss mit einer qeS versehen sein

Diese Grundsätze gelten nach dem BAG auch dann, wenn dem Gericht lediglich ein einziges Dokument übermittelt werde, da aus dem bei Gericht erstellten Transfervermerk nicht erkennbar sei, ob die Container-Signatur ein Dokument oder mehrere signieren solle.

Diese Erschwerung bei der Bearbeitung elektronischer Dokumente wollte die neu gefasste Verordnung verhindern. Daher, so das Gericht, schließe es die Bestimmung nach der Verordnungsbegründung künftig aus,

„mehrere elektronische Dokumente mit einer einzigen qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen“ Nach der Begründung zu § 5 Abs. 1 Nr. 5 ERVV könne „die qualifizierte elektronische Signatur … entweder in die jeweilige Datei eingebettet (‚Inline-Signatur‘) oder … der Datei beigefügt werden (‚Detached-Signatur‘)“.

Anspruch auf faires Gerichtsverfahren ergibt gerichtliche Hinweispflicht

Diese Auslegung sei nach Auffassung der Erfurter Richter auch mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Justizgewährungsanspruch vereinbar. Das BAG erkannte jedoch auch eine gerichtliche Hinweispflicht im Hinblick auf eine unzureichende Übermittlung aufgrund des Anspruchs eines fairen gerichtlichen Verfahrens:

„Die sich daraus ergebende prozessuale Fürsorgepflicht verpflichtet die Gerichte, eine Partei auf einen offenkundigen Formmangel eines bestimmenden Schriftsatzes hinzuweisen.“

Bei fehlendem Hinweis kommt Wiedereinsetzung in Betracht

Unterbleibt ein gerichtlicher Hinweis, kommt laut BGH eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht. Eine Ausschöpfung der Frist sollte dennoch vermieden werden, da keine generelle Verpflichtung der Gerichte zur sofortigen Prüfung der Formalien eines als elektronisches Dokument eingereichten Schriftsatzes besteht. „Dies enthöbe die Verfahrensbeteiligten und deren Bevollmächtigte ihrer eigenen Verantwortung für die Einhaltung der Formalien und überspannte die Anforderungen an die Grundsätze des fairen Verfahrens“, so das BAG.

(BAG, Beschluss v. 15.08.2018, 2 AZN 296/18)

Abweichende Entscheidung des OLG Brandenburg

Das OLG Brandenburg hatte in einem ähnlichen Fall anders entschieden und eine teleologische Reduktion des § 4 ERVV ins Spiel gebracht.

  • Danach soll eine Containersignatur zulässig sein, wenn das Gericht selbst noch keine elektronischen Akten führt,
  • die mit der Containersignatur eingereichten Dokumente sämtlich das gleiche Verfahren betreffen
  • und dann bei Gericht in der konventionellen Papierakte landen (OLG Brandenburg, Beschluss v. 6.3.2018, 13, WF 45/18).