Wertersatz bei Widerruf eines Online-Partnervermittlungsvertrags

Parship & Co. wird diese Entscheidung grundsätzlich freuen, auch wenn es im konkreten Fall nicht viel gebracht hat. Es ging um die Frage, ob bei einem Widerruf des Online-Partnervermittlungsvertrags vom Kunden eine (anteilige) Vergütung zu zahlen ist. Bei der klassischen Heiratsvermittlung entsteht kein einklagbarer Vergütungsanspruch.

Partnervermittlung ist ein lukrativer, vielseitiger Markt und generiert entsprechend Rechtsprechung zu Vertragproblemen.

Vertragswiderruf einen Tag nach der Anmeldung bei Online-Partnervermittlung

Bereits am Tag nach der Online-Anmeldung bei einer bekannten Partnervermittlung reute die Kundin der Vertragsschluss. Da alles digital zustande kam, lag ein Fernabsatzvertrag mit Widerrufsrecht vor. Von dem machte die Frau Gebrauch.

Sofortiger Zugang zur Plattform und Partnervorschläge

Zusammen mit der Anmeldung für eine 12-monatige Premiummitgliedschaft, die 265,68 EUR kostet, hatte die Neukundin den Online-Partnervermittler dazu aufgefordert, sofort mit der Ausführung der Leistungen zu beginnen. So erhielt sie denn auch umgehend ein automatisch erstelltes Persönlichkeitsgutachten, Partnervorschläge und vollumfänglichen Zugang zur Webseite.

Plattform verlangt Großteil des Jahresmitgliedschaftspreises als Teilvergütung

Die Partnervermittlung stellte mit Bestätigung des Widerrufs eine Rechnung über 199,26 EUR für erbrachte Leistungen aus. Die Kundin für einen Tag wollte diesen Betrag nicht zahlen. Sie berief sich darauf, dass bei einer Heiratsvermittlung keine Vergütungsverpflichtung begründet wird. Der Streit ging durch die Instanzen bis er nun vom BGH entschieden wurde.

Keine Zulassung von Klagen auf Honorar bei Heiratsvermittlungsverträgen

Hintergrund der gesetzlichen Regelung, dass bei einer Heiratsvermittlung weder auf Vergütung geklagt noch hierfür gezahlte Beträge zurückgefordert werden können (§ 656 BGB) ist, dass die Intimsphäre der Kunden zu sehr beeinträchtigt würde. Gleiches gilt für Eheanbahnungs- und Partnerschaftsanbahnungsverträge.

Online-Partnervermittlung unpersönlicher als Heiratsvermittlung

Wegen der automatisierten Prozesse und der Eigenentscheidungen des Kunden bei einer Online-Partnervermittlung sieht der BGH die Intimsphäre in Vergütungsprozessen nicht betroffen. Die Hauptleistung besteht vor allem darin Zugang zur Plattform zu gewähren; danach hängt alles v.a. von der Eigeninitiative ab.

Digitalisierte Prozesse versus persönliche Auswertung führen zu anderer Beurteilung

Den Partnervorschlägen und dem „Persönlichkeitsgutachten“ liegt keine individuelle, persönliche Auswertung zugrunde. Ebenso wenig übernimmt der Plattform-Betreiber eine Richtigkeits- oder Qualitätsgewähr. Die Ergebnisse beruhen auf den eigenen Datenangaben der Kunden und werden voll automatisiert auf Basis von Logarithmen erstellt.

Online-Partnerschaftsvermittlung kann Ersatz für Teilleistungen verlangen

Als Folge des Widerrufs und der Nichtanwendbarkeit des § 656 BGB war von der Eintags-Kundin Wertersatz für die teilweise erbrachten Leistungen zu zahlen (§ 351 Abs. 8 BGB). Damit hat die Online-Partnervermittlung dem Grunde nach Recht bekommen, aber nicht die verlangten 199,26 EUR.

Wertersatz wird zeitanteilig berechnet

Wertersatz ist nämlich nur zeitanteilig zu zahlen. Das hatte der BGH in einem ähnlichen Fall schon Anfang Mai 2021 unter Berufung auf die EuGH-Rechtsprechung entschieden (BGH, Urteil v. 06.05.2021, III ZR 169/20; EuGH, Urteil vom 8.10.2020, C-641/19). Der eine Tag Mitgliedschaft schlug nur mit 1,46 EUR zu Buche. Zur Zahlung dieses Peanut-Betrages wurde die Klägerin in letzter Instanz verurteilt.

(BGH, Urteil v. 17.6.2021, III ZR 125/19).

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