Notar darf keine überflüssige Dienstleistung aufschwatzen

Wenn Rechtsuchende schon einmal bei mir in der Kanzlei sind, kann ich ihnen gleich auch noch die Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments anbieten, dachte sich ein geschäftstüchtiger Notar. Doch die später verschickte Rechnung dürfen die Mandanten nach einem Beschluss des OLG Naumburg getrost zerreißen.

Das Ehepaar hatte den Notar während der Sprechstunde aufgesucht und sich wegen des Nachlasses des Schwagers erbrechtlich beraten lassen.

Testament und mehr aufgeschwätzt

Danach wies er sie auf die Vorteile einer testamentarischen Regelung der eigenen Erbfolge sowie der Errichtung einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung hin. Die Kostenschuldner beauftragten den Notar dann auch tatsächlich mit der Fertigung eines Testamentsentwurfes, das der Notar später sogar beurkundete. Dafür erhob der Notar eine doppelte Gebühr aus einem Wert von 162.000 Euro.

Mandanten fühlten sich geneppt

Die Mandanten schrieben dem Notar sodann, dass sie von der Errichtung eines Testaments abgesehen hätten, wenn ihnen die Größenordnung der zu erwartenden Kosten mitgeteilt worden wäre. Mit anderen Worten: Sie hätten nach der anderweitig abzurechnenden Raterteilung in der Nachlasssache, betreffend den Nachlass des Schwagers, eine weitere kostenpflichtige Beratung, Betreuung oder Beurkundungstätigkeit des Notars abgelehnt. Der Notar klagte sein Honorar daraufhin ein und verlor.

Beim Cross-Selling muss Notar über Alternativen aufklären

Die Naumburger Richter stellten zunächst klar, dass ein Rechtsuchender, der einen Notar mit einer Beurkundung beauftrage, grundsätzlich nicht davon ausgehen könne, dass der Notar kostenlos arbeite. Umgekehrt gilt dann, dass ein Notar dann nicht ungefragt über die Kostenpflichtigkeit seiner Tätigkeit belehren muss.

Schlage der Notar Rechtsuchenden aber im Rahmen vorsorgender Rechtspflege – wie im vorliegenden Fall – eine Beurkundung vor, müsse er über die Kostenfolge aufklären, wenn es preiswertere oder gar kostenlose Alternativen gebe. „Stehen dem Rechtssuchenden im Rahmen der vorsorgenden Rechtspflege mehrere verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Wahl und hat der Notar keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Rechtssuchende dieser Gestaltungsmöglichkeiten bewusst ist und sich bereits für eine der Alternativen entschieden hat, so hat der Notar auf diese Wahlmöglichkeit hinzuweisen“, stellen die Richter klar. So liegt der Fall hier.

Gesetzliche Erbfolge als sachgerecht und ausreichend angesehen

Die Kostenschuldner haben im Hinblick auf die Regelung ihrer eigenen Erbfolge keinen Handlungsbedarf gesehen. Sie haben für sich eine Unterwerfung unter die gesetzliche Erbfolge als sachgerecht und ausreichend angesehen. Sie haben insbesondere den Notar nicht etwa aufgesucht, um einen Beurkundungsauftrag zu erteilen, sondern sind aus anderem Anlass in seiner Sprechstunde erschienen.

Kostenlose eigene Testamentserrichtung hätte es auch getan

Mit anderen Worten: Eine Beratung oder gar eine Beurkundung in einer eigenen Angelegenheit haben sie nicht nachgesucht; sie ist ihnen ungefragt zuteil geworden.

„Auch aus der objektivierten Sicht eines Notars ist es für die Erreichung des Vorsorgezwecks – individuelle Regelung der Erbfolge – nicht erforderlich gewesen, die kostenpflichtige Beurkundung des Testaments einer kostenfreien Eigenerrichtung vorzuziehen. In dieser Konstellation stellt das Hinwirken des Notars auf die Beurkundung eines Testaments ohne Hinweis auf die unter Umständen erheblichen Kostenfolgen eine unvollständige und von den Kostenschuldnern zu Recht als irreführend empfundene Beratung und Betreuung dar“,

betonte das Gericht.

(OLG Naumburg, Beschluss v. 2. 1. 2012, 2 Wx 37/10).

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