Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung nach der Scheidung

Der Anspruch eines Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung erlischt mit Ablauf eines Jahres nach der Scheidung, wenn er bis dahin nicht gerichtlich geltend gemacht worden ist. Ist der andere Ehegatte alleiniger Eigentümer der Wohnung, kann er dann deren Herausgabe verlangen.

Wer nach der Scheidung berechtigt ist, die gemeinsame Ehewohnung weiter zu nutzen, führt oft zu Streit zwischen den Ehegatten.

Wohnungszuweisung nach § 1568a BGB

Beim sog. Wohnungszuweisungsverfahren nach § 1568a BGB kommt es entscheidend darauf an, wer von den Eheleuten unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten im stärkeren Maße auf die Wohnung angewiesen ist. Steht die Wohnung im alleinigen Eigentum eines der Ehegatten, dann kann der andere Ehegatte die Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Mietrechtsfolgen der Überlassung

Besteht ein Überlassungsanspruch, dann tritt der berechtigte Ehegatte gemäß § 1568a Abs. 3 und 4 BGB in ein bestehendes Mietverhältnis ein bzw. hat einen Anspruch auf Begründung eines Mietverhältnisses. Dieser Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung erlischt jedoch gemäß § 1568a Abs. 6 BGB ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung, es sei denn der Anspruch ist zuvor gerichtlich geltend gemacht worden.

Mietfrei wohnen ohne Zuweisung?

Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, wie lange ein Ehegatte nach der Scheidung die Überlassung der Wohnung verlangen kann. In dem entschiedenen Fall hatte die Ehefrau die gemeinsame Ehewohnung, die im Alleineigentum des Ehemannes stand, nach der Trennung und der Scheidung weiter genutzt. Sie zahlte keine Miete oder Nutzungsentschädigung und übernahm auch nicht die verbrauchsabhängigen Kosten. Auf Zahlungsaufforderungen des Exmannes reagierte sie ebenso wenig wie auf sein Herausgabeverlangen.

Der Ehemann machte daher einen Räumungs- und Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gerichtlich geltend und hatte damit in allen Instanzen Erfolg. Die von der Ehefrau erhobene Rechtsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Keine Sperrwirkung mehr ein Jahr nach Ehescheidung

Der BGH stellte klar, dass die Regelung in § 1568a BGB betreffend das Wohnungszuweisungsverfahren eine Sperrwirkung gegenüber dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB entfaltet. Solange es sich noch um die Ehewohnung handelt, muss ein Wohnungszuweisungsverfahren geführt werden und der Herausgabeanspruch aus Eigentum ist ausgeschlossen. Diese Sperrwirkung ist aber zeitlich begrenzt auf die Dauer eines Jahres nach Rechtskraft der Ehescheidung.

Da nach Ablauf dieser Frist die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder seine Begründung erlöschen, kann auch eine Zuweisung der Wohnung nicht mehr verlangt werden. Zwar bezieht sich die in § 1568a Abs. 6 BGB geregelte Jahresfrist ausdrücklich nur auf die Begründung bzw. den Eintritt in ein Mietverhältnis und nicht auf die Wohnungszuweisung. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung und dem systematischen Gesamtzusammenhang muss die Jahresfrist aber auch für die Wohnungszuweisung gelten.

Ansonsten wäre der Ehegatte, der Alleineigentümer der Wohnung ist, nach Ablauf der Jahresfrist rechtlos gestellt. Er könnte die Überlassung der Wohnung nicht mehr mittels Mietvertrags absichern, aber auch nicht deren Herausgabe verlangen. Die Frist von einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung ist nach Auffassung des BGH auch ausreichend, um eine Wohnungsüberlassung zu beantragen. Wird der die Wohnung nutzende Ehegatten - wie in dem entschiedenen Fall – innerhalb dieser Frist nicht tätig, dann kann er auf Herausgabe in Anspruch genommen werden.

(BGH, Beschluss v. 10.03.2021, XII ZB 243/20).

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