[3] I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung u.a. in MDR 2023, 294 veröffentlicht ist, hat die Beklagte gegen den Kläger aus abgetretenem Recht der Streithelferin trotz Besitzstörung keinen Anspruch auf Ersatz der Verwahrkosten gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB. Zwar sei § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Ersatzfähig seien jedoch nur die für die Beseitigung der Störung anfallenden Kosten. Die von der Streithelferin beauftragte Verwahrung diene diesem Zweck nicht.

[4] Demgegenüber habe die Beklagte gegen den Kläger unter dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677, § 683 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB) einen Anspruch auf Ersatz der Verwahrkosten, der sich allerdings auf die Zeit bis zu dem Verlangen nach Herausgabe des Fahrzeugs beschränke. Deshalb ergebe sich nur für die ersten fünf Tage der Verwahrung ein täglicher Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 15 EUR. Das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück stelle eine Besitzstörung dar und begründe eine verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB), für die neben dem Fahrer auch der Halter des Fahrzeugs verantwortlich sei. Beauftrage ein Grundstücksbesitzer – hier durch die Streithelferin als Verwalterin – das Abschleppen des Fahrzeugs, so handele er auch im fremden Rechtskreis und damit als Fremdgeschäftsführer i.S.v. § 677 BGB. Das Entfernen und Umsetzen des Fahrzeugs, zu dem die Grundstücksbesitzerin im Wege der Selbsthilfe gemäß § 859 Abs. 1, Abs. 3 BGB berechtigt gewesen sei, erweise sich für den Kläger als vorteilhaft und entspreche dessen Interesse, da er von seiner Verpflichtung zur Beseitigung der Störung gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB frei geworden sei. Demgegenüber sei die Verwahrung des Fahrzeugs zu der Beseitigung der Besitzstörung nicht erforderlich gewesen und habe daher auch nicht der Erfüllung einer Verpflichtung des Klägers gedient. Die sichere Verwahrung des Wagens zum Schutz vor Wertminderung und unbefugtem Zugriff sei aber objektiv vorteilhaft und nützlich für den Kläger, der zunächst noch nichts von dem Abschleppvorgang gewusst habe. Die Streithelferin habe daher davon ausgehen können, dass auch die Verwahrung dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Klägers entsprochen habe. Spätestens mit dem Zugang des Herausgabeverlangens am 13.10.2020 habe der Kläger aber seinen entgegenstehenden Willen geäußert. Die Streithelferin und die Beklagte hätten ab diesem Zeitpunkt erkennen müssen, dass die weitere Verwahrung in Widerspruch zu dem wirklichen Willen des Klägers gestanden habe, so dass sie sich nicht mehr auf dessen mutmaßliches Einverständnis berufen könnten und ein weitergehender Anspruch deshalb ausscheide.

[5] II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

[6] 1. Zur Anschlussrevision des Klägers:

[7] Die zulässige Anschlussrevision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten stehe gegen den Kläger ein Anspruch auf Zahlung von Verwahrkosten in Höhe von 75 EUR aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Streithelferin nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB zu, ist rechtsfehlerfrei.

[8] a) Wie das Berufungsgericht zu Recht erkennt, liegen die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der Streithelferin aus § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB dem Grunde nach vor.

[9] aa) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass derjenige, der sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, eine verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 Abs. 1 BGB begeht, für die nicht nur der Fahrer, sondern ebenfalls der Halter des Fahrzeugs verantwortlich ist (vgl. Senat, Urt. v. 11.3.2016 – V ZR 102/15, NJW 2016, 2407 Rn 6 m.w.N.). Die im Auftrag des Geschäftsführers erfolgte Entfernung des Fahrzeugs stellt ein Handeln in fremdem Rechtskreis und damit eine Fremdgeschäftsführung i.S.v. § 677 BGB dar, weil der Halter hierzu nach § 862 Abs. 1 BGB bzw. – wenn das Parken als teilweise Besitzentziehung qualifiziert wird – gemäß § 861 Abs. 1 BGB verpflichtet war (vgl. Senat, Urt. v. 11.3.2016 – V ZR 102/15, a.a.O. Rn 6 m.w.N.). Die Übernahme der Geschäftsführung liegt im Interesse des Geschäftsherrn, weil sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist. Beseitigt der Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst, wird der Störer von der ihm gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. gemäß § 861 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegenden Pflicht frei. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung stellt sich die Entfernung des Fahrzeugs für den Halter daher als vorteilhaft dar. Der Umstand, dass der Geschäftsherr Aufwendungsersatz schuldet, kann naturgemäß seinem Interesse nicht schon von vornherein und generell entgegenstehen, weil § 683 BGB sonst nie erfüllt wäre (vgl. Senat, Urt. v. 11.3.2016 – V ZR 102/15, a.a.O. Rn 8 f.). Die Störungsbeseitigung entspricht schließlich dem mutmaßlichen Willen des Halters, auf den es nach § 683 BGB entscheidend ankommt, wenn sich der wirklich...

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