Diese Differenzierung der Lastentragung der §§ 2124, 2126 BGB entspricht inhaltlich weitgehend deckungsgleich dem gesetzlichen Modell der Arten der Testamentsvollstreckung bzw. hier konkret: den damit jeweils zusammenhängenden Tätigkeiten. Man kann daher die Verteilung der Kosten nach den §§ 2124, 2126 BGB mit den Arten der Testamentsvollstreckung, bzw. deren Tätigkeiten, abgleichen und so wie folgt differenzieren:

1. Die Abwicklungsvollstreckung mit ihren Konstituierungs- und Auseinandersetzungstätigkeiten und -pflichten wird in aller Regel der Nachlassubstanz iSd § 2126, 2124 Absatz 2 Satz 1 BGB zugeordnet werden können: einerseits sind alle Leistungspflichten und damit Tätigkeiten "auf den Stammwert der Erbschaftsgegestände gelegt" iSv § 2126 BGB, die nicht aus den Nutzungen zu bestreiten sind.[20] Und andererseits gehören zur Nachlasskonstituierung der Abwicklungsvollstreckung die Nachlassermittung und -inbesitznahme, die Erstellung des Nachlassverzeichnisses, Regelung der Verbindlichkeiten sowie die Bezahlung der Erbschaftssteuer.[21]

Folge dieser Deckungsgleichheit, die sich aus der tätigkeits- und funktionsbezogenen Betrachtungsweise des Gesetzes in beiden Bereichen ergibt: die Vergütung für die Abwicklungsvollstreckung fällt grundsätzlich der Substanz zur Last und ist aus ihr zu bestreiten.

Zwar sind während einer Abwicklungsvollstreckung geldwerte Tätigkeiten denkbar, die – als Tätigkeiten während einer Dauer- oder Verwaltungsvollstreckung gedacht – laufende Angelegenheiten und damit laufende Ausgaben mit Bezug zu den Erträgen wären, wie z. B. die laufende Immobilienverwaltung über mehrere Monate bis zur Abwicklung und zur Nachlassauseinandersetzung. Aber: die Abwicklungsvollstreckung ist gerichtet auf den vom Erblasser gewünschten "Endzustand" der Auseinandersetzung, und eben nicht auf eine selbstständige, nutzungsbezogene Verwaltungstätigkeit wie die Dauervollstreckung, die ebenfalls bereits mit dem Erbfall einsetzte und dies zweifellos umfassen würde[22] – zudem hat der Testamentsvollstrecker die Abwicklung "alsbald zu bewirken."[23]

Aufgrund dieser gesetzlich-systematischen Grundausrichtung bereitet es aus meiner Sicht zumindest Schwierigkeiten, nutzungs- und ertragsbezogene Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers bei einer reinen Abwicklungsvollstreckung, die nicht gleichzeitig Dauervollstreckung bereits mit Wirkung ab dem Erbfall ist, eigens und zulasten der Erträge und Nutzungen allein aus dem Gesetz ohne Erblasserverfügung hierzu vergütet zu sehen – hier dürfte rechtssicher nur eine Vergütungsvereinbarung helfen. Die Situation kann für den Testamentsvollstrecker durchaus misslich sein. Denn die teilweise in der Praxis sehr umfangreichen Verwaltungstätigkeiten auch bei der Abwicklungsvollstreckung sind vor allem bei Immobilien oder komplizierten Finanzanlagen nicht von der Hand zu weisen und die treuhänderischen Pflichten des Testamentsvollstreckers zur ordnungsgemäßen Verwaltung auch bei einer bloßen Abwicklungsvollstreckung liegen ohne Weiteres vor. Der Testamentsvollstrecker muss hier mE versuchen zu beurteilen, ob seine "normale" Vergütung der Sache und dem Einzelfall noch gerecht wird und ggf. den Weg der (zusätzlichen) Vergütungsvereinbarung mit dem Erben versuchen zu gehen.

2. Für die Vergütung zu den Tätigkeiten der Dauer- bzw. Verwaltungsvollstreckung kann man zusätzlich weiter differenzieren:

Geht es darum, sich auch um die Substanz kümmern zu müssen (obwohl man als Vorerbe bzw. als Testamentsvollstrecker unmittelbar davon gar nichts hat), so zeigt § 2124 Absatz 2 Satz 1 BGB, dass hier für derartige Ausgaben die Nachlassubstanz heranzuziehen ist – folgerichtig muss man auch die Vergütung des Testamentsvollstreckers dafür der Nachlassubstanz als Anspruch gegenüber den Nacherben entnehmen dürfen.
Geht es dagegen um laufende Verwaltungstätigkeiten ohne Substanzbezug, so ordnet § 2124 Absatz 1 BGB an, dass dies aus den Erträgen zu bestreiten ist – und daher muss auch die damit verbundene Vergütung vom Vorerben aus seinen Erträgen für "seinen" Testamentsvollstrecker bezahlt werden und nicht aus der Nachlassubstanz.
[20] Heckschen in: Burandt/Rojahn, ErbR 2. Aufl. 2014, § 2126 BGB Rn 3 unter Bezug auf BGH NJW 1908, 2465.
[21] J. Mayer in: Bonefeld/Mayer, Testametnsvolltreckung, 4. Aufl. 2015, § 8 Rn 1, Seite 65.
[22] Holtz, Gestaltung einer Testamentsvolltreckung vor und nach dem Tod des Erblassers (2010), Seiten 22 ff, 101 f, 105 f (das Zitat "Endzustand" auf Seiten 22 und 102 oben). Ebenso mE grundsätzlich, wenngleich mit Blick auf das EStG differenzierend der BFH, Urt. v. 22.1.1980, VIII R 47/77; u. a. in BFHE 130, 22; BStBl. 1980 II, 816; NJW 1980, 1872.
[23] J. Mayer in: Bonefeld/Mayer, Testametnsvollstreckung, 4. Aufl. 2015, § 3 Rn 2, Seite 15.

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