Ersatzpflichtig ist der Halter des Kfz. Dabei haben sich in der Rechtsprechung verschiedene Begriffsdefinitionen herausgebildet. Halter ist, wer das Kfz für eigene Rechnung gebraucht, d.h. die Kosten bestreitet und die Verwendungsnutzungen zieht (vgl. nur BGHZ 87, 133, 135 = NJW 1983, 1492; BGHZ 173, 182, 184 = NJW 2007, 3120) bzw. wer tatsächlich über die Benutzung des Fahrzeugs so verfügen kann, wie es dem Wesen der Veranlasserhaftung entspricht (vgl. nur BGHZ 116, 200, 202 = NJW 1992, 900; BGHZ 173, 182, 184 = NJW 2007, 3120). Für die Kostentragung ist maßgeblich, wer Brennstoff, Reparaturen und Anschaffung bezahlt bzw. wem ggf. Abzinsung und Abschreibung zugutekommen. Die Verfügungsgewalt besteht darin, dass der Fahrzeugbenutzer Anlass, Ziel und Zeitpunkt seiner Fahrten selbst bestimmt (vgl. Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 7 StVG Rn 14 m.w.N.); in diesem Fall schadet es nicht, wenn die "fixen" Kosten der Kfz-Haltung von einem anderen getragen werden, selbst wenn auf dessen Namen das Kfz zugelassen ist (OLG Hamm NZV 1990, 363).

Treten die Merkmale der Kostentragung und der Verfügungsgewalt getrennt bei verschiedenen Personen auf, kommt es darauf an, welches Merkmal im Einzelfall größere Bedeutung hat (sog. Übergewichtstheorie). Überlässt z.B. eine Mutter den auf sie zugelassenen Pkw, dessen fixe Kosten sie trägt, ihrem 22-jährigen Sohn für unbestimmte Dauer zur alleinigen und unentgeltlichen Nutzung, ist sie nicht mehr Halterin, sondern der Sohn (OLG Hamm NZV 1990, 363). Es kann aber auch sein, dass alle oder mehrere Personen zugleich Halter desselben Kfz sind; in diesem Fall haften sie als Gesamtschuldner (BGHZ 13, 351, 354 = NJW 1954, 1198; vgl. auch Hentschel/König, a.a.O., § 7 StVG Rn 21; Geigel/Kaufmann, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., Kap. 25 Rn 41, z.B. beim sog. Car-Sharing).

Ebenso ist die (materiell-rechtliche) Eigentumslage unerheblich (st. Rspr. seit RGZ 91, 269), auch wenn hiervon eine gewisse (erste) Indizwirkung ausgeht. Eine nur ganz vorübergehende Verfügungsmöglichkeit begründet eine Haltereigenschaft nicht, wie z.B. bei einer Kfz-Sicherstellung durch die Polizei, bei einer Verwendung von Kurzzeitkennzeichen (OLG Hamm NJW 2013, 1248), bei dem Unterstellen in einer Sammelgarage oder bei der Übergabe des Kfz an eine Reparaturwerkstatt.

Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige können ebenso Halter sein wie juristische Personen und Gesellschaften (str. für Gesellschaft bürgerlichen Rechts, aber aufgrund der Anerkennung als eigenständige Gesellschaftsform zu bejahen; vgl. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056), während ihre gesetzlichen Vertreter als solche nicht Halter sind (vgl. im Einzelnen Hentschel/König, a.a.O., § 7 StVG Rn 22).

 

Praxistipp:

Die Differenzierung zwischen Haltereigenschaft und Eigentümerstellung ist bei Klage und Widerklage von Bedeutung. Die Aktivlegitimation des Klägers/Widerklägers setzt eine Eigentumsverletzung voraus, während es für die Passivlegitimation des Beklagten/Widerbeklagten, der nicht zugleich Fahrer gewesen ist, allein auf dessen Haltereigenschaft ankommt. In der Klageschrift muss deshalb vorgetragen werden, dass der Kläger Eigentümer des beschädigten Kfz und der Beklagte Halter des gegnerischen Fahrzeugs ist, während mit der Widerklage genau umgekehrt vorgetragen werden muss. Unter Umständen muss mit der Widerklage auch eine dritte Person in den Prozess einbezogen werden, wenn – wie z.B. beim Kfz-Leasing – Eigentümerstellung und Haltereigenschaft auseinanderfallen. Dies ist prozessual zulässig (§ 33 ZPO); die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 32 ZPO (BGH MDR 1991, 1093).

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