Leitsatz

Die Antragstellerin hatte beantragt, ihr Verfahrenskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren zu gewähren. Erstinstanzlich wurde ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit zurückgewiesen. Das AG vertrat die Auffassung, die Antragstellerin sei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage, die Kosten des Ehescheidungsverfahrens aufzubringen. Sie war Eigentümerin eines aus zwei Wohneinheiten bestehenden Hausanwesens. Eine Wohneinheit war vermietet, die andere Wohneinheit mit einer Wohnfläche von mindestens 89 qm wurde von ihr selbst genutzt.

Die gegen den zurückweisenden VKH-Beschluss von der Antragstellerin eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Auch das OLG vertrat die Auffassung, die Antragstellerin sei gehalten, sich die zur Verfahrensführung erforderlichen Mittel durch Verwertung/Belastung des in ihrem Alleineigentum stehenden Hausanwesens zu verschaffen. Die Immobilie sei - auch wenn eine Wohneinheit von der Antragstellerin selbst bewohnt werde - nicht als sog. Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt. Die von ihr selbst bewohnte Wohnung übersteige unter den gegebenen Umständen den angemessenen Wohnbedarf und könne bei der Verfahrenskostenhilfeentscheidung jedenfalls nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Angemessenheit bestimme sich u.a. nach der Zahl der Bewohner, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. Das wichtigste objektivierbare Kriterium stelle dabei die Größe der Wohnfläche dar.

Eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von mindestens 89 qm, wie sie von dem erstinstanzlichen Gericht in Ansehung der in dem Mietvertrag für die vermietete Wohnung angegebenen Größe unbeanstandet zugrunde gelegt worden sei, für einen - wie hier - Einpersonenhaushalt stelle im Hinblick auf die Wohnfläche keinen angemessenen Wohnraum mehr dar. Das OLG orientierte sich bei dieser in Übereinstimmung mit dem Familiengericht stehenden Beurteilung an der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass mit Blick auf die in den jeweiligen landesrechtlichen Richtlinien vorgegebenen variierenden Größen die dortigen Richtwerte nicht grundsätzlich für alle Haushalte von bis zu vier Personen Geltung hätten, sondern für Eigentumswohnungen eine Größe von 120 qm als angemessen angesehen werde und für einen Haushalt bis zu vier Personen und bei einem Haushalt mit weniger als vier Personen 20 qm pro fehlender Person abzuziehen seien. Die sich hiernach ergebende Flächengrenze habe die Antragstellerin jedenfalls überschritten.

Dass der Einsatz oder die Verwertung des Vermögens für den Hilfesuchenden eine unzumutbare Härte bedeuten würde, könne auf der Grundlage des sich im Beschwerdeverfahren darstellenden Sach- und Streitstandes nicht festgestellt werden.

Bei der gegebenen Sachlage erscheine es nicht ausgeschlossen, die Antragstellerin darauf zu verweisen, sich zur Verfahrensführung erforderliche Mittel durch Kreditaufnahme unter Belastung des Grundstücks zu beschaffen. Es könne von der Partei grundsätzlich verlangt werden, dass sie das Hausgrundstück als Sicherheit für einen Kredit verwende, wenn es für sie zumutbar sei, einen Kredit für die Verfahrenskosten aufzunehmen. In Anbetracht der Umstände sowie der nicht ausgeräumten Möglichkeit, die nicht selbst genutzte und ohnehin nicht dem Schonvermögen unterfallende Wohneinheit zu veräußern, beständen keine durchgreifenden und von der Antragstellerin im Übrigen auch nicht nachvollziehbar begründeten Zweifel an ihrer Kreditwürdigkeit.

Von daher erfülle die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

 

Link zur Entscheidung

Saarländisches OLG, Beschluss vom 09.12.2010, 9 WF 113/10

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