Leitsatz

Auch ein durch Vereinbarung festgelegter Umlageschlüssel kann durch Mehrheitsbeschluss nach § 16 Abs. 3 WEG geändert werden. Für eine transparente Ausgestaltung genügt es nicht, dass einer Abrechnung oder einem Wirtschaftsplan lediglich der neue Schlüssel zugrunde gelegt wird. Eine rückwirkende Änderung des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG entspricht in der Regel nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. § 16 Abs. 4 WEG weist den Wohnungseigentümern nicht die Kompetenz zu, einen die Ansammlung von Instandhaltungsrücklagen betreffenden Verteilungsschlüssel zu ändern.

 

Fakten:

Die Wohnungseigentümer hatten vorliegend im Juli 2007 die Genehmigung der Jahresabrechnung für die Wirtschaftsperiode 2006 beschlossen sowie auch den ab 1. Januar 2007 geltenden Wirtschaftsplan. In den Rechenwerken wurden einzelne Kostenpositionen entgegen des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels umgelegt. Dies betraf auch die Beitragszahlungen zur Instandhaltungsrücklage. Die Beschlüsse wurden von einem Eigentümer - erfolgreich - angefochten.

Zunächst einmal hat der BGH klargestellt, dass nicht nur der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG auf Grundlage von § 16 Abs. 3 und 4 WEG geändert werden kann, sondern auch ein vereinbarter Kostenverteilungsschlüssel. Dass auch vereinbarte Abrechnungsschlüssel der Abänderung nach den genannten Bestimmungen unterliegen, wird durch die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG bestätigt. Eine rückwirkende Änderung der Kostenverteilung widerspricht in aller Regel den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Ein Eigentümer darf nämlich grundsätzlich darauf vertrauen, dass die bis zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels angefallenen Kosten nach dem bis dahin geltenden Schlüssel umgelegt werden. In der Regel darf nicht rückwirkend in bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume eingegriffen werden. Eine Abweichung davon kommt nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht, etwa wenn der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt.

Einer wirksamen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zur Ansammlung der Instandhaltungsrücklage steht entgegen, dass die Regelung nicht bloß einen Einzelfall betrift. Der Beschluss regelt nicht nur eine einzelne Maßnahme und erschöpft sich nicht in deren Vollzug, weil Instandhaltungsrückstellungen nicht für eine einzige Maßnahme, sondern für den zukünftigen noch nicht konkret vorhersehbaren Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf gebildet werden. Eine über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG gedeckt und daher nichtig.

Schließlich kann auch eine Änderung des bisherigen Kostenverteilungsschlüssels nicht lediglich über eine entsprechende Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan erfolgen, dem die Änderungen zugrunde liegen. Vielmehr muss aus einem entsprechenden Änderungsbeschluss selbst ausdrücklich hervorgehen, dass der von der Teilungserklärung vorgegebene Schlüssel geändert worden ist. Derart weitreichende Änderungen müssen nämlich transparent gestaltet werden. Schon aus der Einberufung der Eigentümerversammlung muss hervorgehen, dass der Kostenverteilungsschlüssel Gegenstand der Beschlussfassung sein soll. Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, würde dies eine ausdrückliche Regelung über die Änderung des Verteilungsmaßstabs nicht entbehrlich machen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 9.7.2010 – V ZR 202/09

Fazit:

Die Entscheidung bestätigt die bislang herrschende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum.

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