Verfahrensgang

LG Gera (Urteil vom 16.05.2011; Aktenzeichen 3 O 241/09)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 16.05.2011 werden zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten ein Schmerzensgeld aufgrund eines Reitunfalls vom 18.01.2007 in Eisenberg. Sie begehrt ferner die Feststellung der Ersatzpflicht materiellen und immateriellen Zukunftsschadens. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der vorgerichtlichen Anwaltskosten stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihren Berufungen.

Die Klägerin, die damals fünf Jahre alt war, befand sich am Unfalltag in der Reitschule der Beklagten zu 1 in E., als über Europa die Sturmwetterlage „Kyrill” herrschte. Sie stürzte während des Reitunterrichts, den der Beklagte zu 2 erteilte, vom Pferd, als dieses geräuschbedingt scheute, weil der Sturm einen Dachziegel vom Dach der Reithalle abgerissen hatte.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber mindestens 25.000 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 05.03.2009 zu zahlen;
  2. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Unfallereignis vom 18.01.2007 entstanden sind, soweit die Ansprüche nicht auf öffentliche Versicherungsträger übergegangen sind;
  3. die Beklagten außerdem gesamtschuldnerisch zu verurteilen, der Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.647,44 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2009 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Begründung des angefochtenen Urteils wird auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte zu 1 geltend, zur Unfallzeit habe am Unfallort noch kein Sturm geherrscht, was die Zeugin Stephan bestätigt habe. Die Auskunft des Deutschen Wetterdienstes sei nicht aussagekräftig, da es in E. keine Wetterstation gebe. Die Wetterlage habe die Abhaltung einer Kinderreitstunde zugelassen. Etwas anderes habe das Landgericht nicht ohne Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens annehmen dürfen.

Der Beklagte zu 2 habe die Kinderreitstunde auch fachgerecht abgehalten. Etwas anderes habe das Landgericht ebenfalls nicht ohne Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens annehmen dürfen.

Sie – die Beklagte zu 1 – habe sich außerdem exculpiert. Denn sie habe mit dem Beklagten zu 2 einen erfahrenen Reitlehrer ausgewählt und seine Reitstunden auch überwacht.

Mit der Übertragung der Tierhütereigenschaft auf den Beklagten zu 2 sei sie nicht mehr verpflichtet gewesen, Wettervorhersagen zu beachten. Dies sei Sache des Beklagten zu 2 gewesen.

Soweit das Landgericht ihre Pflichtverletzung darin gesehen habe, bei Sturm Reitstunden in einer maroden Reithalle zugelassen zu haben, habe es eines vorherigen Hinweises auf diese Rechtsansicht bedurft. Sie würde dann vorgetragen haben, dass zum einen das Dach nicht derart marode gewesen sei, wie das Landgericht dies dargestellt habe, zum anderen sie es regelmäßig einer Überprüfung und – im Bedarfsfall – Reparatur unterzogen habe.

Der Zustand der Reithalle habe die Abhaltung von Reitstunden auch bei stürmischem Wetter zugelassen. Etwas anderes habe das Landgericht nicht ohne Einholung des angebotenen Sachverständigengutachtens annehmen dürfen.

Das Landgericht habe aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen auch nicht herleiten dürfen, dass die Beklagte zu 1 eine sichere Reitstunde garantiert habe.

Die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden des Zeugen L., ihres Vaters, anrechnen lassen, dem die Mutter das Kind in Obhut gegeben und der es zur Reitstunde gebracht habe. Wenn nämlich für den Reitlehrer die Nichteignung der Reithalle und die nicht sichere Abhaltung der Reitstunde erkennbar gewesen sei, so sei dies auch für den Zeugen Lohrengel erkennbar gewesen.

Das zuerkannte Schmerzensgeld sei überhöht.

Der Beklagte zu 2 macht mit seiner Berufung geltend, er sei nicht als Tieraufseher im Sinne von § 834 BGB anzusehen. Denn dies setze eine Übernahme der Tieraufsicht durch Vertrag voraus, die hier nicht gegeben sei. Eine bloß faktische Übernahme genüge nicht. Zu einer vertraglichen Übernahme enthalte das angefochtene Urteil keine Ausführungen. Auch eine ko...

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