Das Wichtigste in Kürze:

1. Durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" v. 17.8.2017 sind mit Wirkung ab 24.8.2017 die Vorschriften betreffend die Anordnung einer TÜ neu geordnet worden.
2. Die Anordnung der TÜ erfolgt gem. § 100e Abs. 1 S. 1 grds. durch das Gericht.
3. Die inhaltlichen Anforderungen an die Anordnung bestimmt § 100e Abs. 3 S. 2.
4. Die Anordnung ergeht gem. § 100e Abs. 3 S. 1 schriftlich.
5. Die TÜ darf nach § 100a Abs. 3 nur gegen bestimmte Personen angeordnet werden.
6. Liegen die Voraussetzungen für die TÜ nicht mehr vor, ist nach § 100e Abs. 5 die Maßnahme unverzüglich zu beenden.
7. Die von der Maßnahme Betroffenen und (auch) der Beschuldigte sind gem. § 101 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 von der TÜ zu benachrichtigen, wenn dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, der öffentlichen Sicherheit, von Leib und Leben einer Person möglich ist.
 

Rdn 4259

 

Literaturhinweise:

Backes/Gusy/Begemann/Doka/Finke, Wirksamkeitsbedingungen von Richtervorbehalten bei Telefonüberwachungen, Abschlussbericht zu einem Forschungsprojekt der Universität Bielefeld, 2002

Bär, Telekommunikationsüberwachung und andere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen – Gesetzliche Neuregelungen zum 1.1.2008, MMR 2008, 217

Brüning, Der Richtervorbehalt – ein zahnloser Tiger?, ZIS 2006, 29

Kinzig, Die Telefonüberwachung in Verfahren organisierter Kriminalität: Fehler bei der richterlichen Anordnung, Mängel des Gesetzes, StV 2004, 560

Günther, Telekommunikationsüberwachung und Auskunftsersuchen über Telekommunikationsverbindungen Zur Divergenz der Fristberechnung, Krim 2006, 683

Gusy, Rechtsgrundlagen der Richtervorbehalte nach § 100b StPO, GA 2003, 672

ders., Überwachung der Telekommunikation unter Richtervorbehalt – Effektiver Grundrechtsschutz oder Alibi?, ZRP 2003, 275

Müller/Trurnit, Eilzuständigkeiten der Staatsanwaltschaft und des Polizeivollzugsdienstes in der StPO, StraFo 2008, 144

Nack, Verdeckte Ermittlungen und Revisionsrecht, in: Festgabe für Hilger, 2003, S. 349

Piel, Verwertungsfragen bei Verstößen gegen den Richtervorbehalt, StraFo 2017, 54

Störmer, Der gerichtliche Prüfungsumfang bei Telefonüberwachungen – Beurteilungsspielraum bei Anordnungen nach § 100a StPO?, StV 1995, 653

Thiede, Gerätekennung eines Handys als Anknüpfungspunkt für Telekommunikationsüberwachung, Krim 2003, 165

s.a. die Hinw. bei → Telefonüberwachung, Allgemeines, Teil T Rdn 4251.

 

Rdn 4260

1. Durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" v. 17.8.2017 sind mit Wirkung ab 24.8.2017 die Vorschriften betreffend die Überwachung der Telekommunikation neu geordnet worden. Die Verfahrensvorschriften finden sich jetzt für alle Maßnahmen nach den §§ 100a – 100c, also auch für die TÜ, in § 100e. Die frühere Vorschrift des § 100b Abs. 1 u. 2, in der bis dahin die Anordnung der TÜ geregelt war, ist durch diese Regelung ersetzt worden. § 100e Abs. 1 entspricht dem früheren § 100b Abs. 1 a.F., § 100e Abs. 3 entspricht dem früheren § 100b Abs. 2 a.F. Der erforderliche Inhalt der Anordnung ist in § 100e Abs. 3 Nr. 1 – 5 gegenüber dem früheren § 100b Abs. 2 teilweise erweitert worden (dazu Teil T Rdn 4264 f.; BT-Drucks 18/12785, S. 57), neu ist die die in § 100e Abs. 4 jetzt beschriebene Begründungspflicht (vgl. Teil T Rdn 4267). Darüber hinaus sind aber keine weiteren inhaltlichen Änderungen der alten Regelung erfolgt, so dass die vorliegende Rspr. zu § 100b a.F. grds. anwendbar bleibt. Die folgenden Ausführungen gelten auch für die Quellen-TKÜ (dazu → Telefonüberwachung, Quellen-TKÜ, Teil T Rdn 4339).

 

Rdn 4261

2. Die Anordnung der TÜ erfolgt gem. § 100e Abs. 1 S. 1 grds. durch das Gericht. Nur bei "Gefahr im Verzug" kann die Anordnung auch durch die StA getroffen werden (§ 100e Abs. 1 S. 2). Niemals zuständig sind → Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, Teil E Rdn 2321, (KK-Bruns, § 100e Rn 2). Im Auslieferungsverfahren ist das OLG zuständig (OLG Hamm NStZ-RR 1998, 350; NStZ 2000, 666). Die gerichtliche Zuständigkeit richtet sich im EV nach § 162, zuständig ist nach § 162 Abs. 1 S. 1 also grds. der Ermittlungsrichter am Sitz der StA (zur Frage, welcher Ermittlungsrichter zuständig ist bei einer Niederlassung des Betreibers BGH NStZ 2003, 163). Danach ist gem. § 162 Abs. 3 das mit der Sache befasste Gericht zuständig.

 

Rdn 4262

Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung v. 20.2.2001 zum Richtervorbehalt bei der Anordnung einer Durchsuchungsmaßnahme (vgl. BVerfG NJW 2001, 1121) Stellung genommen. Die Forderung des BVerfG, dass der Eingriff in das Grundrecht des Art. 13 GG grds. die Anordnung der Durchsuchung durch den Richter voraussetzt, wird man auf die Anordnung einer TÜ, durch die in das durch Art. 10 GG geschützte Fernmeldegeheimnis eingegriffen wird, übertragen können (so wohl auch Meyer-Goßner/Schmitt, § 100e Rn 4 m. Verweis auf die Komm. zu § 98 Rn 6; zum Richtervorbehalt bei § 100e s.a. ­Backes/Gusy, S. 47 f.; Gusy GA 2003, 672, 679; Kinzig StV 2004, 560 ff.; s.a. Piel StraFo 2017, 54)...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge