Nach der Bestimmung des § 25 Abs. 4 WEG ist ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt, wenn

  • die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder
  • die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft oder wenn
  • er nach § 17 WEG rechtskräftig verurteilt ist.

6.2.1 Vornahme eines Rechtsgeschäfts

6.2.1.1 Grundsätze

Der Wohnungseigentümer unterliegt bei der Beschlussfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm selbst einem Stimmverbot, weil er typischerweise von einem persönlichen Sonderinteresse geleitet wird. Es genügt hierbei – wie bei der Frage, ob von einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung etwa des Sondereigentums größere Beeinträchtigungen ausgehen – eine typisierende Betrachtungsweise. Nicht entscheidend ist, ob der Wohnungseigentümer tatsächlich private oder geschäftliche Sonderinteressen verfolgt.

 
Praxis-Beispiel

Eigentümer als Rechtsanwalt

Steht die Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts für die Gemeinschaft zur Wahrung der Interessen gegenüber dem Bauträger auf Grundlage der Vergütungssätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zur Beschlussfassung, würde der etwa beauftragte Wohnungseigentümer, der Rechtsanwalt ist, keine höhere Vergütung als ein außergemeinschaftlicher Kollege erzielen. Bei typisierender Betrachtungsweise hat er aber ein wirtschaftliches Interesse an dem Zustandekommen des Vertrags. Dieses Sonderinteresse führt zum Stimmrechtsverbot gemäß § 25 Abs. 4 WEG.

Das Stimmverbot bezüglich einer Beschlussfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem betreffenden Wohnungseigentümer betrifft sowohl einseitige, zweiseitige und auch mehrseitige Rechtsgeschäfte. Umfasst sind also auch Mahnungen oder Kündigungen.

6.2.1.2 Verflechtungsproblematik

Stimmverbote werden aus der Bestimmung des § 25 Abs. 4 WEG auch für sog. Verflechtungsfälle hergeleitet. Das Stimmrechtsverbot des § 25 Abs. 4 WEG gilt auch dann, wenn die Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft zum Gegenstand hat, das nicht mit einem Eigentümer persönlich abgeschlossen werden soll, jedoch mit einem Unternehmen, mit dem er wirtschaftlich oder persönlich verflochten ist.[1]

Im Übrigen löst nicht schon jede Beteiligung eine wirtschaftliche und persönliche Verflechtung aus. Schädlich ist die beherrschende Beteiligung an einer Gesellschaft oder die Stellung als persönlich haftender Gesellschafter einer GmbH und Co. KG.[2] Allgemein unterliegt ein Wohnungseigentümer entsprechend § 25 Abs. 4 Alt. 1 WEG bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit einer rechtsfähigen (Personen-)Gesellschaft jedenfalls dann einem Stimmverbot, wenn er an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt und deren Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter ist.[3] Nicht geklärt ist, ob der Wohnungseigentümer auch dann einem Stimmverbot unterliegt, wenn er zwar Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft ist, an ihr aber nicht oder nicht mehrheitlich beteiligt ist.

Unproblematisch ist freilich der Fall, in der die zu beauftragende Gesellschaft selbst Wohnungseigentümerin ist.

 
Praxis-Beispiel

Die GmbH als Eigentümerin

In einer Teileigentumseinheit wird ein Elektrofachgerätegeschäft betrieben. Eigentümerin ist eine GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer das Geschäft betreibt. Die Eigentümer planen den Ankauf von mehreren Waschmaschinen und Wäschetrocknern durch die Gemeinschaft zwecks Austauschs der größtenteils irreparabel defekten Altgeräte.

Bei der Beschlussfassung ist die GmbH als Eigentümerin vom Stimmrecht ausgeschlossen. Vertreten wird die GmbH nämlich von ihrem Geschäftsführer. Dieser ist nun gleichzeitig auch noch Gesellschafter der GmbH, so dass er letztlich ein Geschäft mit sich selbst schließen würde. Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der als Organ der GmbH in der Eigentümerversammlung stimmen würde, befindet sich insoweit in einem institutionalisierten Interessenkonflikt.

6.2.1.3 Einzelfälle

  • Dienst-/Werkverträge

    Unmittelbar und unproblematisch greift das Stimmverbot des § 25 Abs. 4 Alt. 1 WEG, wenn mit einem Wohnungseigentümer Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsverträge abgeschlossen werden sollen. Egal, ob er als Hausmeister, als Handwerker, Rechtsanwalt oder Steuerberater beauftragt werden soll, unterliegt er dem Stimmverbot.

  • Verwalterbestellung

    Keinem Stimmverbot unterliegt ein Wohnungseigentümer bei seiner Bestellung zum Verwalter. Er ist stimmberechtigt.[1] Da die Bestellung zum Verwalter unabhängig vom Abschluss des Verwaltervertrags ist, verfolgt der Eigentümer, der sich für das Amt des Verwalters bewirbt, nur mitgliedschaftliche Rechte.

  • Abschluss des Verwaltervertrags

    Auch im Rahmen der Beschlussfassung über den Abschluss des Verwaltervertrags unterliegt der Wohnungseigentümerverwalter nicht dem Stimmverbot des § 25 Abs. 4 Alt. 1 WEG.[2] Entsprechendes gilt für die Änderung des Verwa...

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