Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaskoversicherung: Leistungsfreiheit nach Fahrerflucht des Versicherten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Versicherungsnehmer genügt nach einer von ihm verursachten Beschädigung einer Gartenmauer, die zu Reparaturkosten von 800 EUR geführt hat, bestehenden Aufklärungsobliegenheit durch Entfernen vom Unfallort auch dann nicht, wenn Zeugen ihn erkannt haben und er sein Kraftfahrzeug mit Papieren zurücklässt.

2. Die Einwilligung eines von mehreren Geschädigten rechtfertigt das Entfernen nicht.

3. Folgenlos ist das Entfernen schon dann nicht, wenn dadurch sichere Feststellungen zu einer Alkoholisierung unmöglich gemacht werden.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 07.08.2008; Aktenzeichen 14 O 4/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Kläger gegen das am 7.8.2008 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 14 O 4/08 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.000 EUR festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger klagt gegen die Beklagte auf Feststellung, dass diese verpflichtet sei, Leistungen aus einer Kraftfahrzeugkaskoversicherung wegen Unfallschäden an einem BMW 530 D Touring zu erbringen.

Zwischen den Parteien bestand für dieses im Eigentum der B. Leasing GmbH stehende Leasing-Fahrzeug seit dem 1.2.2003 ein Kraftfahrtversicherungsvertrag (Vers.-Nr. 111111111111111111111) über eine Haftpflichtversicherung, eine Teilkaskoversicherung und eine Vollkaskoversicherung mit 500 EUR Selbstbeteiligung (Bl. 7/8 d.A.). Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB - Bl. 9 d.A.) zugrunde. In § 7a Abs. 2 AKB heißt es:

"Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann [...]."

Gemäß § 7a IX. AKB findet sich für "Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen" - u.a. - in der Fahrzeugversicherung folgende Regelung:

"Wird eine der Obliegenheiten nach Abschnitt I, III bis VII [...] verletzt, so besteht Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VVG."

Am 19.11.2005 erlitt der Kläger gegen 3:00 Uhr nachts mit dem versicherten Fahrzeug einen Unfall. Zuvor hatte er in einem ihm gehörenden Restaurant in R. gearbeitet. Er verließ das Lokal mit seiner damaligen Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau, der Zeugin L.. Beide fuhren mit ihren jeweiligen Pkw in Richtung H.. In einer Linkskurve kam der Kläger nach rechts von der Fahrbahn ab, fuhr durch den Vorgarten des einem Herrn N. gehörenden Anwesens H. Straße 47 und kollidierte sodann mit der Begrenzungsmauer des Anwesens H. Straße 45 der Zeugin B.. An den Vorgartenbegrenzungssteinen und der Mauer entstand ein Gesamtschaden von unstreitig jedenfalls 800 EUR. Außerdem beschädigte der Kläger ein Straßenverkehrsschild, und Öl aus dem Fahrzeug und versickerte ins Erdreich (Bl. 38 d.A.)

Kurz nach dem Unfall kam die Zeugin L. zur Unfallstelle. Der gegenüber wohnende Zeuge Be. war auf den Unfall aufmerksam geworden und hatte die Polizei und einen Krankenwagen gerufen. Dann ging er nach draußen. Weder er noch die ebenfalls hinzugekommene Zeugin B. (er)kannten den Kläger; sie konnten später ggü. der Polizei zunächst nur eine Personenbeschreibung abgeben (s. Vermerk der Polizeikommissarin T., Bl. 7 der Beiakte der Staatsanwaltschaft Saarbrücken 66 Js 346/06).

Zwischen dem Zeugen Be. und der Zeugin L. kam es zu einem Streit. Letztere nahm den Kläger mit sich zu ihrem Fahrzeug, und beide entfernten sich vor Eintreffen der Polizei und des Krankenwagens von der Unfallstelle, ohne zuvor ihre Personalien angegeben zu haben. Den beschädigten Pkw ließen sie zurück. Sie fuhren zu einer Wohnung in der Hau. 258, für welche der Kläger damals (noch) nicht gemeldet gewesen ist. Nachdem die Polizeibeamten an der Unfallstelle eingetroffen waren, begaben sie sich zu der aufgrund einer Fahrzeughalteranfrage ermittelten Wohnadresse des Klägers, trafen dort aber niemanden an (Vermerk der Polizeikommissarin T., Bl. 8 der Beiakte).

Am Morgen nach dem Unfall warf der Kläger seine Visitenkarte in den Briefkasten der Zeugin B.. Außerdem suchte er einen Arzt auf. Gemäß der ärztlichen Bescheinigung der Praxis Dr. S. vom 29.8.2007 hatte er eine Schädelprellung mit Brillenhämatom links, eine Gesichtsprellung mit einer - von der Beklagten bestrittenen (Bl. 43 d.A.) - Nasenbeinfraktur, ein Hämatom von Gaumen und Gaumensegel sowie multiple Hämatome des Thorax und der Arme erlitten (Bl. 20 d.A.). Gegen 15:25 Uhr meldete er sich telefonisch bei der Polizei in Merzig und suchte am selben Nachmittag die durch den Unfall geschädigten Grundstückseigentümer B. und N. auf.

Der Schaden an dem versicherten Pkw belief sich auf rund 40.000 EUR (Bl. 90 d.A.). Die Beklagte lehnte mit ...

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