Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die wegen der Folgen einer Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit "nach Maßgabe der §§ 28 und 82 VVG" vorsieht, trägt dem gesetzlichen Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 VVG) in genügender Weise Rechnung. Eine solche Verweisung auf das geltende Gesetzesrecht genügt auch den Anforderungen des Transparenzgebotes.

2. Der Kausalitätsgegenbeweis ist erst dann geführt, wenn feststeht, dass die Obliegenheitsverletzung sich in keiner Weise auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder das Ob und den Umfang der Leistungspflicht ausgewirkt hat. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn alle durch die Verzögerung der Schadenanzeige oder die vorzeitige Schadensbeseitigung begründeten Nachteile ausgeglichen sind, wenn also die Beweislage des Versicherers zum Zeitpunkt ihres (verspäteten) Eingangs mit, der vorher bestehenden identisch ist.

3. Der Nachweis, dass die aufgrund des Versicherungsfalles geschuldete Entschädigung die Summe der vom Versicherungsnehmer bereits erhaltenen Abschlagszahlungen übersteigt und er deshalb noch weitere Leistungen zu beanspruchen hat, ist nicht geführt, wenn die zur Begründung vorgetragenen weiteren Schäden auch nach Beweisaufnahme nicht einmal im Ansatz nachvollzogen werden können.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 146/14)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 23. Oktober 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 146/14 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.864,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seiner zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einem Gebäudeversicherungsvertrag wegen eines am 18. Februar 2011 eingetretenen Leitungswasserschadens geltend gemacht.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit dem 1. Januar 2011 eine gebündelte Gebäudeversicherung (Versicherungsschein Nr. X XXX-XXXXXXX-XXXXXXX) für sein unter der Anschrift... pp. gelegenes vierstöckiges Geschäftshaus. Der Versicherungsschutz umfasste insbesondere eine Leitungswasser- sowie eine Mietverlustversicherung. Bestandteil des Vertrages waren u.a. die Allgemeinen Bedingungen XXXX der ... pp. Versicherung AG für die Leitungswasserversicherung (AWB XXXX, Stand: 1. Januar XXXX, Anlage K2). Die Räumlichkeiten des versicherten Anwesens sind an die ... pp. GmbH (im Folgenden: Mieterin) vermietet, die im Erdgeschoss und den beiden darüber gelegenen Obergeschossen eine Buchhandlung betreibt und die damals die Räume im 3. Obergeschoss an einen Herrn Ch. K. zum Betrieb einer Tanzschule untervermietet hatte.

Am 18. Februar 2011 stellte das Personal der Mieterin zu Arbeitsbeginn große Wassermengen auf Boden-, Wand- und Deckenflächen im gesamten Anwesen fest, wobei das Wasser noch aus den abgehängten Decken herauslief. Grund dafür war ein unbemerkter Wasseraustritt aus einer Gewerbe-Kaffeemaschine im 3. Obergeschoss des Anwesens, die über ein Kupferrohr unmittelbar an eine Kaltwasserleitung angeschlossen war und ständig mit Leitungswasser versorgt wurde, in deren Innern es zum Bruch eines flexiblen Metallschlauchs gekommen war. Das austretende Wasser hatte sich zunächst auf dem Fußboden im 2. Obergeschoss verteilt, bevor es durch die Decke drang und über Wand-, Boden- und Deckenflächen über zwei weitere Etagen bis in die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens lief. Im 2. Obergeschoss wurden Boden- und Wandbeläge sowie abgehängte Gipskartondeckenflächen einschließlich der Einbaurasterleuchten geschädigt. Auch im 1. Obergeschoss waren die Bodenbeläge und die abgehängten Gipskartondeckenflächen einschließlich der Beleuchtungskörper vom Schaden betroffen. Im Erdgeschoss war hauptsächlich der Bereich der Schaufensterauslagen und der Eingangsbereich durch Feuchtigkeit geschädigt; auch hier waren Boden- und Deckenbekleidungen auszubauen und zu erneuern. Das Ausmaß der Schäden ist streitig. Die vom Kläger mit der Schadensaufnahme beauftragte Architektin E. S. fertigte unter dem 21. Februar 2011 einen "Erstbericht" mit Lichtbildern, an dessen Ende sich ein Hinweis auf "die Obliegenheitspflicht der Versicherungen" fand. Die Mieterin, die seinerzeit bei der Beklagten eine Inhaltsversicherung unterhielt, zeigte der Beklagten in dieser Eigenschaft den Leitungswasserschaden an, woraufhin der Außenregulierer der Beklagten, der Zeuge K., den Schaden besichtigte. Mit Schreiben vom 25. Februar 2019 teilte die Mieterin der Beklagten den Namen des "Hausbesitzers" mit; das Schreiben enthält den Hinweis, dieser habe "uns keine Versicherung genannt" und es seien Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des Untermieters geltend gemacht worden.

Mit Schreiben des Klägers und seiner Ehefrau vom 3. Februar 2012 (Anlage K5) wurde der Beklagten "vorsorglich" ein Versich...

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