Leitsatz (amtlich)
Schadensersatzansprüche wegen Fehlberatung können sich aus den von CMI verwendeten Unterlagen unter mehreren Gesichtspunkten ergeben (Abschnitt 3.3.2). Die in den schriftlichen Unterlagen nicht angesprochenen, aufklärungsbedürftigen Gesichtspunkte können zwar bei der Beratung im Einzelfall in der gebotenen Klarheit angesprochen worden sein. Der Versicherer muss beweisen, dass dies geschehen ist (hier: keine Korrektur geweckter Renditeerwartungen).
Normenkette
BGB §§ 133, 157; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 27.09.2011; Aktenzeichen 1 O 113/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247 ... und Kreditnr. 247 ... freizustellen.
3. Die Verurteilung zu Ziff. 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 ... sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 ... der F. Bank GmbH.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.
III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit i.H.v. 220.000 EUR geleistet hat.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert:
1. Berufung des Klägers:
Zahlungsantrag: 24.237,76 EUR
Freistellungsantrag: 194.866,11 EUR
2. Berufung der Beklagten: 25.557,83 EUR
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen "Wealthmaster"-Lebensversicherung Nr. 501 ..., die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie i.H.v. 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zzgl. Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die "Wealthmaster"-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten i.H.v. 4.994,19 EUR zzgl. Prozesszinsen.
Die "Wealtmaster"-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens "Lex-Konzept-Rente", wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der "Wealthmaster"-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen i.H.v. vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sog. "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte - so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der "Wealthmaster"-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die "Wealthmaster"-Versicherung nicht genommen und die "Lex-Konzept-Rente" nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief...