Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtrabattankündigung eines Möbelhauses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Blickfangwerbung bietet sich bei der Prüfung der Irreführung folgendes Stufenmodell an (OLG Nürnberg, NJW-RR 2022, 1496 Rn. 12 ff. - Einbauküche): Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt (vgl. BGH, GRUR 2001, 78 - Falsche Herstellerpreisempfehlung), bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, GRUR 2012, 81 Rn. 14 - Innerhalb 24 Stunden), liegt eine sogenannte "dreiste Lüge" vor. In einem solchen Fall der objektiven Unrichtigkeit kann der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Auflage 2022, § 5 Rn. 1.89; OLG Düsseldorf, 13.11.2014 - I-15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183). (Rn. 9 - 10)

2. In anderen Fällen, in denen eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe in einer Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, kann der dadurch veranlasste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (BGH, GRUR 2016, 207 Rn. 16 - All Net Flat). Dabei reicht es nicht aus, wenn der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur ganz am Ende der Produktinformationen innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren (BGH, GRUR 2003, 249 - Preis ohne Monitor). (Rn. 11)

3. Auch ohne Sternchenhinweis oder unmittelbare räumliche Zuordnung zum Blickfang kann ausnahmsweise die Aufklärung in einem kurz und übersichtlich gestalteten weiteren Text genügen, wenn es sich um eine Werbung - etwa für langlebige und kostspielige Güter - handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst, und die er aufgrund einer kurzen und übersichtlichen Gestaltung insgesamt zur Kenntnis nehmen wird (BGH, GRUR 2015, 698 Rn. 19 - Schlafzimmer komplett). Die Annahme, der Verbraucher werde die Einschränkung einer blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussage durch eine andere Aussage in der Werbung erkennen, zu der er nicht durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis an der blickfangmäßig herausgestellten Aussage hingeführt wird, ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt (BGH, GRUR 2018, 320 Rn. 24 - Festzins Plus). (Rn. 12)

 

Normenkette

UWG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 24.05.2022; Aktenzeichen 3 HK O 8003/21)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24 05.2022, Az. 3 HK O 8003/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

A. Die Beklagte schaltete am 02.09 2022 in den Nürnberger Nachrichten die folgende Werbung:

((Abbildung))

Am unteren Rand dieser Anzeige heißt es auszugsweise:

R) H. gewährt Ihnen folgenden Rabatt: Auf Möbel, Küchen und Matratzen sowie auf Artikel der Abteilungen Haushalt, Geschenke, Dekoration, Bettwaren, Gardinen, Leuchten und Teppiche "39 % in allen Abteilungen". Ausgenommen von diesem Rabatt sind Kaufgutscheine, Bücher, anderweitig reduzierte Produkte, als "Tiefpreis" oder "Aus unserer Werbung" gekennzeichnete Artikel sowie Artikel der Marken Quooker, Oster, Leicht, Team7, Waiden, Möbelwerke, Leonardo, ASA Selection, Silit, WMF, Joop!, Paulmann Licht, Vossen und Cawö. [...]

Das Landgericht Nürnberg-Fürth erließ am 24.05.2022 das nachfolgende Urteil:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an einem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit der Angabe "39 % in ALLEN Abteilungen - Tische & Stühle - Betten - Sofas - Küchen - Reduzierte Waren - Grosse Marken - eXpress - Haushalt - Teppiche - Lampen - Deko - Gardinen" zu werben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 374,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 15.01.2022 zu zahlen.

Dagegen wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24.05.2022 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung trägt die Beklagte u.a. vor, dass die angegriffene Werbeaussage nur...

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