Normenkette

BGB §§ 133, 157, 306 Abs. 2, § 307 Abs. 3 S. 1, § 308 Nr. 4, § 315 Abs. 1, § 316; EWGRL 13/93 Art. 6 Abs. 1; ZPO § 606 Abs. 1 S. 1, § 606 ff.

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte nach ergänzender Vertragsauslegung verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu III. 1. a) und III. 1. b) genannten formularmäßigen S-Prämiensparverträge auf der Grundlage der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank, derzeitige Kennung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR. S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A, vormals WU 9554 (Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 8 bis 15 Jahren) vorzunehmen.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1. a) und 1. b) monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, bei der Zinsanpassung in den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1. a) und 1. b) den relativen Zinsabstand zu wahren.

Es wird festgestellt, dass der vertragliche Anspruch von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf das Guthaben inklusive der Zinsen aus den formularmäßigen S-Prämiensparverträgen gemäß der Anträge zu III. 1.a) und 1. b) frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages entsteht.

Im Übrigen wird die Musterfeststellungsklage abgewiesen.

Die Kosten des Musterfeststellungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert des Musterfeststellungsverfahrens wird auf 250.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Musterkläger begehrt im Rahmen der Musterfeststellungsklage die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Zinsberechnung bei von den Rechtsvorgängerinnen der Musterbeklagten, der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle und der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt ab dem Jahr 1993 bis Anfang 2006 ausgereichten und spätestens im Jahr 2018 beendeten Prämiensparverträgen.

Wesentliche Parameter der von ihnen ausgereichten Prämiensparverträge waren die unbestimmte Laufzeit, das Kündigungsrecht der Sparer mit einer dreimonatigen Frist, die variable Verzinsung des angesparten Kapitals, die jährliche Prämie auf die im Jahr geleisteten Sparbeiträge sowie der Anspruch des Kunden auf Auszahlung von bis zu 2.000 EUR/Monat ohne Kündigung. Machte er diesen Auszahlungsanspruch geltend, wurde der Prämiensparvertrag beendet. Zwischen den Kunden und der jeweiligen Sparkasse wurde ein monatlicher Sparbeitrag vereinbart, der auf das jeweilige Sparkonto eingezahlt wurde. Zum Teil wurde eine deutlich höhere Ersteinzahlung vereinbart. Es bestand die Möglichkeit der Herabsetzung der Sparbeiträge. Eine Erhöhung war indes ausgeschlossen.

Die Kunden eröffneten jeweils ein Sparkonto und schlossen einen Prämiensparvertrag, anfangs unter Verwendung des Vordruckes S154329 des Dt. Sparkassenverlages S-Prämiensparen - flexibel -, der folgende Klausel beinhaltete:

"2. Zinsen und Prämien die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, zur Zeit %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres eine verzinsliche Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres, und zwar erstmals am . Die Prämie beträgt nach 3 Sparjahren 3 %, nach 4 Sparjahren 4 % ab dem 15. Sparjahr 50 %."

Wegen des weiteren Inhalts der Prämiensparverträge wird auf die Ablichtung eines solchen (Anlage K8 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage) Bezug genommen.

Die später ohne den Vordruck von der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt ausgereichten Sparverträge flexibles S-Prämiensparen (siehe Anlage K61 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage) und die von der Stadt- und Saalkreissparkasse Halle ausgereichten Sparverträge S-Prämiensparen flexibel (siehe Anlage K71 Anlagenband zur Musterfeststellungsklage) enthielten folgende Klausel:

"Die Spareinlage wird variabel, zur Zeit mit % verzinst.

Daneben zahlt die Sparkasse am Ende eines Kalenderjahres eine verzinsliche Prämie gemäß der nachfolgenden Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres. Die Prämie beträgt nach dem 3. Sparjahr 3,0 %, 4. Sparjahr 4,0 %. 15. Sparjahr 50 %."

Vertragsbestandteil waren die bei Vertragsabschluss geltenden Bedingungen für den Sparverkehr, wegen deren Inhalts auf deren Ablichtung (Anlage B3, Bl. 97 ff. Bd. II der Akten) Bezug genommen wird, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse und bei einigen Verträgen auch die ergänzenden Sonderbedingungen für den Sparverkehr. Wegen des Inhalts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Stand 1993 wird auf deren Ablichtung (Anl. B2, Bl. 100 ff Bd. II der Akten) Bezug genommen.

Weder in den Verträgen noch in den AGB befand sich eine Zinsanpassungsklausel.

Die Kunden erhielten Bestätigungsschreiben, di...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge