Entscheidungsstichwort (Thema)

NEUSCHWANSTEINER

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verwendung der Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER für Bier begründet keine Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise über die geographische Herkunft des Bieres, da das auf einem Hügel erbaute Schloss Neuschwanstein als Museum und Touristenattraktion für das Brauen von Bier nicht traditionell bekannt ist.

 

Normenkette

MarkenG § 127 Abs. 1; UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 07.02.2017; Aktenzeichen 33 O 6864/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 7. Februar 2017 in Ziffer I. a) aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Dieses Urteil und das Teilurteil des Landgerichts in Ziffern I. b) und II. sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und die Erstattung von Abmahnkosten geltend.

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Zu ihren über 2.000 Mitgliedern zählen unter anderem die Industrie- und Handelskammer sowie die meisten Handwerkskammern.

Die Beklagte beschäftigt sich mit der Entwicklung von Konzepten für die Herstellung und den Vertrieb von Getränken und die Vermarktung von Getränkemarken (Anlage K 1).

Sie vertreibt unter dem Produktnamen NEUSCHWANSTEINER ein untergäriges Edelmärzenbier mit 6,0 % Alkohol in einer als Luxusprodukt aufgemachten, einer Sektflasche nachempfundenen 0,75 Liter-Flasche wie nachfolgend abgebildet:

((Abbildung))

Auf der Rückseite der Flasche finden sich folgende Angaben:

((Abbildung))

Auf der Faltschachtel des Produktes heißt es unter anderem:

((Abbildung

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 25. November 2015 ab (Anlage K 5).

Bereits am 10. Mai 2012 hatte die Klägerin die T. GmbH hinsichtlich der Werbung mit der Bezeichnung Neuschwansteiner Schlossbräu auf der Webseite neuschwansteiner.com abgemahnt (Anlage B 7). Im Zuge der weiteren Kommunikation teilte die T. GmbH der Klägerin mit, dass sie in Zukunft vorhabe, Bier unter der Bezeichnung Neuschwansteiner zu vertreiben (vgl. Anlagen B 8, B 10). Am 20. Dezember 2012 gab die T. GmbH hinsichtlich der Bezeichnung Neuschwansteiner Schlossbräu eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unter ausdrücklicher Ausnahme des Begriffs Neuschwansteiner in Alleinstellung oder in Kombination mit anderen Begriffen außer Schlossbräu ab (Anlage B 9). Die Klägerin nahm diese Unterlassungserklärung mit E-Mail vom 20. November 2012 zunächst nicht an (Anlage B 11). Mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 30. Juli 2013 und 8. August 2013 nahm die Klägerin die Unterlassungserklärung schließlich an und bestätigte, dass "der Streitgegenstand, der Anlass und Gegenstand der Abmahnung vom 10. Mai 2012 gewesen ist, insgesamt erledigt ist" (Anlage B 12).

Die Klägerin ist der Auffassung, die Angabe, das von der Beklagten vertriebene Bier werde nach dem Bayerischen Reinheitsgebot gebraut, sei irreführend. Gemäß einer durchgeführten Laboranalyse vom 12. Oktober 2015 enthalte die überprüfte Charge Bier 60 % exogenes CO2 (Industriegas aus Verbrennung fossiler Brennstoffe).

Die Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER deute auf die Herkunft vom Schloss Neuschwanstein hin. Es handele sich um eine Angabe in Bezug auf den Herkunftsort dieses Erzeugnisses i. S. d. Art. 7 Abs. 1a LMIV bzw. § 126 MarkenG. Die Verwendung dieser Bezeichnung sei nur zulässig, wenn das Bier einen örtlichen Bezug zum Schloss Neuschwanstein aufweise und dort gebraut werde, was jedoch nicht der Fall sei. Die Produktbeschreibung auf der Flaschenrückseite enthalte auch keine entlokalisierenden Zusätze.

Zudem suggeriere die Fantasiebezeichnung Méthode Royale auf der Faltschachtel des Produktes Einzigartigkeit. Die Angabe orientiere sich an der im Bereich der Champagnerwerbung bekannten Angabe Méthode Champenoise und sei als besondere Hochwertigkeit suggerierender Begriff irreführend.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ein Bier zu bewerben mit der Angabe "gebraut nach dem Bayerischen Reinheitsgebot", wenn das im Bier gelöste CO2 exogenen (nicht biologischen) Ursprungs eine so große Menge ausmacht, dass diese nicht nur eine technisch unvermeidbare Menge sein kann, und/oder der Bezeichnung NEUSCHWANSTEINER, sofern das Bier nicht in Neuschwanstein gebraut wurde, und/oder der Angabe ...Brewed after the time-honoured 'Méthode Royale'... sowie die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 246,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Eine Täuschung über den Herkunftsort des Bieres liege nicht vor. Neuschwanstein sei keine politische Gemeinde, vielmehr liege das Schloss Neuschwa...

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