Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 11.02.2014; Aktenzeichen 18 O 388/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 11.02.2014 verkündete Teilgrund- und Teilurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Die Klageanträge zu 1) und 4) sind dem Grunde nach zu 100 % gerechtfertigt.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 60.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.02.2013 zu zahlen.
  3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Fahrradunfall vom 31.07.2010 in der G.straße im schweizerischen K. mit dem bei der Beklagten erworbenen Elektrofahrrad der Marke … gem. Rechnung vom 08.06.2010 noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten dieses Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziff. 1 b) vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Berufung des Klägers hat vollumfänglich Erfolg; die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.

I.

Der Kläger, der in der Schweiz lebt und dort als selbständiger Kieferorthopäde tätig ist, nimmt die Beklagte nach einem Sturz mit einem bei der Beklagten erworbenen Elektrofahrrad aus eigenem wie abgetretenem Recht auf Ersatz seiner materiellen und immateriellen Unfallschäden in Anspruch.

Der Kläger kaufte das Elektrofahrrad nach vorangegangener E-Mail-Korrespondenz am 08.06.2010 bei der Beklagten; es handelte sich um ein sog. „Speed-Pedelec”, das Geschwindigkeiten bis 40 km/h erreicht. Auf Wunsch des Klägers wurde das Fahrrad von der Beklagten „mit breiteren Rädern” ausgestattet und in vormontiertem Zustand an die Grenze zur Schweiz geliefert. Die Beklagte hatte die Schläuche und Reifen bereits aufgezogen, die Luft aber für den Transport abgelassen. Das Aufpumpen der Reifen ließ der Kläger von einer Fahrradwerkstatt V. vornehmen.

Am 31.07.2010 erlitt der Kläger bei einem Sturz mit dem Fahrrad in K. in der Schweiz schwerste Verletzungen, u.a. eine traumatische Hirnverletzung sowie eine Schädelkalottenfraktur frontal rechts und links sowie neun weitere Mittelgesichtsfrakturen; er lag fast zwei Wochen in einem künstlichen Koma und wurde am 27.08.2010 auf eigenen Wunsch entlassen. Es schlossen sich ein vollständiges Berufsverbot für 4 Wochen und eine Arbeitsunfähigkeit zu 70 % für weitere zwei Monate an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil vollumfänglich Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe eine für das Fahrrad unzulässige Bereifung verwendet und den Reifen fehlerhaft montiert. Sie habe den Schlauch zwischen Reifen und Felge geklemmt, so dass der Schlauch bei seiner ersten Fahrt mit dem Fahrrad am 31.07.2010 nach außen geraten und geplatzt sei. Er habe aufgrund des Unfalls weitestgehend seinen Geruchssinn verloren und leide seitdem an Schmerzen im linken Fuß. Er hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR angemessen sei.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 770.945,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [jeweiligen] Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von weiteren 5.474,80 EUR,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes bzw. ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [jeweiligen] Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
  3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schäden und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Fahrradunfall vom 31.07.2010 in der G.straße im schweizerischen K. mit dem bei der Beklagten erworbenen Elektrofahrrad der Marke … gem. Rechnung vom 08.06.2010 (ab 01.01.2012) noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist,
  4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 57.742,– EUR auf die Regressforderung der … Kranken-Versicherung … zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [jeweiligen] Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass sie vor Versand des Fahrrades eine 6–7 km lange Probefahrt gemacht habe, bei der a...

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