Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Hundehalters - "Der will nur spielen"

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen nicht angeleinte heranlaufende Hunde dürfen effektive Abwehrmaßnahmen getroffen werden. Kommt es dabei zu Schäden, haftet der Hundehalter in vollem Umfang. Es liegt im Regelfall weder eine Unterbrechung des Ursachenzusammenhangs noch ein zu berücksichtigendes Mitverschulden des Abwehrberechtigten vor.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 9 O 165/17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 2. Mai 2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist durch einstimmigen Senatsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert. Eine mündliche Verhandlung ist im vorliegenden Fall auch nicht geboten. Das Rechtsmittel (Berufung) hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. An den durch Schreiben des Vorsitzenden vom 11. September 2018 gegebenen Hinweisen (Bl. 139 f. d.A.) wird festgehalten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese auch inhaltlich verwiesen.

I. Das Landgericht hat den Sachverhalt wie folgt festgestellt:

"Am 11. Juni 2017 joggte der Kläger morgens mit einer angeleinten Hündin, die ihm nach seinem Vortrag nicht gehörte, die er aber häufiger ausführte, im B Wald. Zur gleichen Zeit gingen der Beklagte und seine Ehefrau mit ihrem Hund, einem Gordon Setter, im B Wald spazieren. Der Hund war nicht angeleint, verschwand aus der Sichtweite des Beklagten und rannte zu dem Kläger. Der Kläger rief die für ihn nicht sichtbaren Hundehalter auf, ihren Hund zurückzurufen und anzuleinen. Trotz entsprechender Rufe des Beklagten kam sein Hund aber nicht zurück. Der Kläger versuchte, den Hund des Beklagten mit einem Ast von sich fernzuhalten. Hierbei rutschte er aus und zog sich eine Ruptur der Quadrizepssehne zu. Der Kläger musste in das Universitätsklinikum M transportiert werden und wurde dort operiert; im September 2017 fand eine weitere Operation statt."

Diese Feststellungen wurden von den Parteien nicht weiter in Frage gestellt (angefochten). Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger auf den Hund des Beklagten einschlug und ob er diesen traf. Weiterhin steht im Streit, ob der Hund des Beklagten lediglich mit dem vom Kläger mitgeführten Hund spielte, diesen begrüßte, umtänzelte und mit ihm spielen wollte.

1. Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, dass der Hund des Klägers auf ihn zugerannt sei und seine mitgeführte Hündin in aggressiver Form in immer enger werdenden Kreisen umkreist habe.

Er hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der dem Kläger aus dem Angriff des Hundes des Beklagten am 11. Juni 2017 entstanden ist und noch entstehen wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat dies im wesentlichen damit begründet, dass sein Hund zwar nicht auf Pfiffe gehört habe, dieser aber lediglich die vom Kläger mitgeführte Hündin spielerisch umtänzelt habe. Von seinem Hund sei dabei erkennbar keine Aggressivität ausgegangen. Der Kläger habe mit einem Stock auf seinen Hund eingeschlagen.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt (Bl. 86 d.A.) und dies im wesentlichen damit begründet, dass nach der hier einschlägigen Gefahrenabwehrverordnung der Kommune bestimmt sei, dass Hunde außerhalb bebauter Ortslagen umgehend und ohne Aufforderung anzuleinen sind, wenn sich andere Personen nähern oder sichtbar werden. Dadurch, dass der Beklagte seinen Hund ohne Leine im B Wald außerhalb seiner eigenen Sichtweite laufen ließ, habe er gegen diese Verordnung und damit gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen und sei für die hieraus entstehenden Folgen verantwortlich. Es bestehe auch ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Nichtanleinen des Hundes und dem Sturz des Klägers. Es stehe außer Frage, dass der Hund des Beklagten, wäre er angeleint gewesen, nicht zu dem Kläger und der von ihm mitgeführten Hündin gerannt wäre und der Kläger in diesem Fall auch nicht versucht hätte, den Hund mit einem Ast von sich abzuwehren. Es liege auch innerhalb der Lebenserfahrung, dass jemand bei dem Versuch, einen herbeieilenden fremden Hund von sich fernzuhalten, ausrutscht, stürzt und sich dabei eine gravierende Verletzung zuzieht. Dieser Zurechnungszusammenhang sei auch nicht unterbrochen worden durch di...

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