Leitsatz (amtlich)

Nach § 130 a Abs. 3 Satz 1 Var. 2 ZPO muss ein elektronisches Dokument von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Eine auf elektronischem Weg eingelegte Berufung ist daher nur in diesem Sinne formgerecht eingelegt, wenn die verantwortende Person eine zweiaktige Handlung - einfache Signatur und Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg - vorgenommen hat, nicht aber wenn die von einem Rechtsanwalt einfach signierte Berufungsschrift aus dem beA eines anderen Rechtsanwalts bei Gericht eingereicht wird, § 519 Abs. 1, Abs. 4, § 130a Abs. 3 ZPO.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25. März 2020 - 18 O 46/19 - wird als unzulässig verworfen.

2. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungseinlegungsfrist wird nicht gewährt.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 19.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit einem im Januar 2017 geschlossenen Kaufvertrag über ein gebrauchtes, von dem sog. "Abgasskandal" betroffenes Fahrzeug der Marke VW mit einem Dieselmotor des Typs EA 189. Er hat im ersten Rechtszug beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 14.538,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4% aus 8.750,00 EUR seit 14.01.2017 und 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 5.788,20 EUR seit Rechtshängigkeit, abzüglich eines in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsersatzbetrages, zu zahlen und diese von Forderungen der T. AG & Co. KGaA in Höhe von 2.631,44 EUR freizustellen, Zug um Zug gegen Übereignung des PKW A. mit der Fahrgestellnummer 123.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs gemäß vorstehender Ziffer 1. in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.100,51 EUR freizustellen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Anträge wird auf die in dem landgerichtlichen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. März 2020 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 30. März 2020 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. April 2020 per besonderem elektronischem Anwaltspostfach (im Folgenden: beA) bei Gericht eingegangene Berufung des Klägers. Der Schriftsatz wurde über das beA-Postfach von Rechtsanwalt Dr. K. versandt, stammt indes von Rechtsanwältin C. und war auch von dieser (einfach) signiert.

Mit Verfügung vom 7. Mai 2020 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass seine Berufung unzulässig sein dürfte, weil die elektronisch bei Gericht eingereichte Berufungsschrift entgegen § 130a Abs. 1 ZPO weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen gewesen noch von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sei.

Innerhalb der ihm hierzu gewährten Stellungnahmefrist führt der Kläger aus, Frau Rechtsanwältin C. habe die Berufungsschrift aufgrund von Problemen mit ihrem beA-Postfach aus dem beA-Postfach ihres Kollegen Dr. K. versandt.

II. Die Berufung ist unzulässig, weil der Kläger sein Rechtsmittel nicht fristgerecht eingelegt hat (1.). Dem Kläger ist auch nicht Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO zu gewähren (2.). Infolge dessen ist seine Berufung zu verwerfen (§§ 520 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 517 ZPO).

1. Die Berufung wurde nicht fristgerecht eingelegt.

a) Die Berufungsfrist beträgt nach § 517 ZPO einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

b) Das Urteil vom 25. März 2020 wurde den klägerischen Prozessbevollmächtigten am 30. März 2020 zugestellt, sodass die Frist zur Einlegung der Berufung gemäß § 222 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, Abs. 3 BGB mit Ablauf des 30. April 2020 endete. Der per beA am 30. April 2020 bei Gericht eingegangene Berufungsschriftsatz wahrte diese Frist nicht, weil er weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur von Rechtsanwältin C. versehen war noch von dieser einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist.

aa) Nach § 519 Abs. 1 ZPO wird die Berufung durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Gemäß § 519 Abs. 4 ZPO sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Berufungsschrift anzuwenden. § 130a Abs. 1 ZPO erlaubt zwar, vorbereitende Schriftsätze als elektronisches Dokument bei Gericht einzureichen. Allerdings muss das elektronische Dokument dann nach § 130a Abs. 3 ZPO ...

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