Leitsatz (amtlich)

Ein Frauenarzt handelt nicht behandlungsfehlerhaft, wenn er bei der im Jahre 2007 durchgeführten Brustkrebsvorsorge einer 40-jährigen Patientin, die keine Risikopatientin ist, nach unauffälligen Tast- und Sonografiebefunden keine weiteren Untersuchungen veranlasst.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 15.02.2012; Aktenzeichen 5 O 29/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.2.2012 verkündete Urteil des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus vermeintlich fehlerhafter ärztlicher Behandlung.

Die am ... 1968 geborene Klägerin stellte sich in der Zeit ab August 2006 regelmäßig bei dem Beklagten zur Krebsfrüherkennung vor. Nachdem ein Untersuchungstermin am 5.7.2007 stattgefunden hatte, wurde ein weiterer Vorsorgetermin am 28.11.2007 durchgeführt. Bei diesem Termin machte der Beklagte u.a. eine Sonographie der Brust der Klägerin mit einem Ultraschallgerät der Marke T 1, das mit einem Sektorschallkopf ausgestattet ist. Bei einem weiteren Untersuchungstermin vom 11.3.2008 stellte der Beklagte durch Abtasten eine auffällige Verhärtung in der rechten Brust der Klägerin fest. Daraufhin überwies er die Klägerin zur Mammographie, bei der ein ausgedehntes Mammakarzinom entdeckt wurde. Die Klägerin unterzog sich daraufhin zunächst einer Chemotherapie. Anschließend wurde eine Mastektomie durchgeführt. Postoperativ erhielt die Klägerin Bestrahlungen. Es entwickelte sich ein chronisches Lymphödem, das mit Lymphdränagen behandelt werden muss. Wegen der weiteren Einzelheiten der durchgeführten Krebstherapie wird auf die Klageschrift vom 20.7.2010 Bezug genommen.

Mit der Begründung, der Beklagte habe die gebotenen Untersuchungen zur Feststellung des Mammakarzinoms unterlassen, obwohl sie ihn auf selbst ertastete Befunde hingewiesen habe, hat die Klägerin Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend gemacht.

Das LG hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen mündlicher Erläuterung die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Behandlungsfehler des Beklagten liege nicht vor. Es sei nicht fehlerhaft, dass der Beklagte am 5.7.2007 keine weiteren Untersuchungen auf Brustkrebs vorgenommen habe, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, den

Beklagten auf eine selbst ertastete Verhärtung in der rechten Brust hingewiesen zu haben. Dies sei aus den Behandlungsunterlagen nicht hervorgegangen. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass vielmehr von einem unauffälligen Befund auszugehen gewesen sei. Ein Behandlungsfehler sei nach den Ausführungen des Sachverständigen auch nicht darin zu sehen, dass der Beklagte die Untersuchung der Klägerin am 28.11.2007 mit einer Multifrequenzsonde mit Sektorschallkopf durchgeführt habe. Es sei im Jahr 2007 grundsätzlich zulässig gewesen, die Brust mit einem solchen Schallkopf zu untersuchen, auch wenn dessen Verwendung heute nicht mehr zeitgemäß sei. Die Apparatur sei auch von der kassenärztlichen Vereinigung genehmigt worden. Es sei nicht behandlungsfehlerhaft, dass der Beklagte keine Vorlaufstrecke verwendet habe. Auch aus der Größe des im März 2008 entdeckten Tumors könne nicht geschlossen werden, dass dieser bereits am 28.11.2007 von dem Beklagten hätte entdeckt werden müssen. Weitere, über die erfolgte Sonographie hinausgehende Untersuchungen seien am 28.11.2007 auch nicht veranlasst gewesen. Es gehe nicht aus den Krankenunterlagen hervor, dass sie an diesem Termin auf einen selbst ertasteten Befund hingewiesen habe. Es sei auch nicht behandlungsfehlerhaft, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einer Mammographie überwiesen habe. Bei der Klägerin habe sich nicht um eine Risikopatientin gehandelt. Für die Durchführung der Mammographie habe es keine Indikation gegeben. Wegen der weiteren Feststellungen wird auf die landgerichtliche Entscheidung verwiesen.

Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt sie vor, die Ausführungen des Sachverständigen zu dem Risikofaktor ihrer frühen Menarche seien widersprüchlich. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Verwendung einer Multifrequenz-Vaginalsonde zur Untersuchung der Brust den erforderlichen Qualitätsvoraussetzungen nicht entspreche. Das Gerät verfüge nicht über eine zwingend vorgeschriebene integrierte Vorlaufstrecke. Das LG habe auch nicht geklärt, welche technischen Voraussetzungen das von dem Beklagten verwendete Gerät konkret erfüllt habe. Entgegen der Auffassung des

Sachverständigen komme es nicht darauf an, ob das Gerät von der kassenärztlichen Vereinigung genehmigt worden s...

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