Leitsatz (amtlich)

1. Für Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen die Geschäftsführer der Schuldnerin wegen der Veranlassung von Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes am Sitz der Gesellschaft begründet (Anschluss an OLG München, Beschluss vom 18. Mai 2017 - 34 AR 80/17 -, ZIP 2018, 100; entgegen OLG Naumburg, Beschluss vom 25. April 2017 - 1 AR 2/17 -, NZG 2018, 270 f.).

2. Ein Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ist bereits dann dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, wenn die Divergenz in der Hinsicht besteht, ob ein Bestimmungsverfahren überhaupt durchzuführen oder aber der Antrag schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückzuweisen ist (entgegen OLG Koblenz, Beschluss vom 12. Oktober 2006 - 4 SmA 21/06 -, NJW 2006, 3723 f., juris Rn. 19).

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.08.2019; Aktenzeichen X ARZ 317/19)

 

Tenor

Das Verfahren wird dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der im Handelsregister des Amtsgerichts Flensburg eingetragenen S-GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Komplementärin der Schuldnerin war die ebenfalls im Handelsregister des Amtsgerichts Flensburg eingetragene S-Verwaltungs GmbH. Die Antragsgegner, die ihren allgemeinen Gerichtsstand in Hamburg bzw. in Tornesch im Bezirk des Landgerichts Itzehoe haben, sind Gesellschafter der Komplementärin der Schuldnerin und waren bei deren Gründung sowie erneut seit April 2013 deren Geschäftsführer.

Mit der von ihm beabsichtigten Klage möchte der Antragsteller die Antragsgegner gemäß §§ 130a, 177a HGB, 15a InsO in Höhe von EUR 100.127,08 nebst Zinsen gesamtschuldnerisch auf die Erstattung von Auszahlungen in Anspruch nehmen, die während der von ihm für den Zeitraum seit mindestens April 2013 behaupteten Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns von dem Geschäftskonto der Schuldnerin geleistet worden seien.

Auf den Antrag des Antragstellers, gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das Landgericht Hamburg als zuständiges Gericht für die gegen die Antragsgegner beabsichtigte Klage zu bestimmen, hat der Senat den Antragsteller mit Verfügung vom 28. März 2019 darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die gerichtliche Bestimmung des zuständigen Gerichts mit Blick auf den Sitz der Schuldnerin als gemäß § 29 Abs. 1 ZPO gesetzlichen Erfüllungsort für den geltend zu machenden Haftungsanspruch als zweifelhaft erschienen.

Der Antragsteller ist dem unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. April 2017 (- 1 AR 2/17 -, NZG 2018, 270 f.) entgegengetreten und hält an seinem Antrag unverändert fest.

Mit Verfügung vom 6. Mai 2019 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass mit Blick auf divergierende Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof vorliegen.

II. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO sind gegeben. Danach hat ein nach § 36 Abs. 2 ZPO zuständiges (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Juni 2000 - XII ARZ 6/00 -, NJW 2000, 3214 f.) Oberlandesgericht die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will.

Nach Auffassung des Senats - und insoweit entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz (Beschl. v. 12. Oktober 2006 - 4 SmA 21/06 -, NJW 2006, 3723 f., juris Rn. 19) - ist diese Voraussetzung allerdings auch schon dann erfüllt, wenn die Divergenz in der Hinsicht besteht, ob ein Bestimmungsverfahren überhaupt durchzuführen oder aber der Antrag schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückzuweisen ist (so auch Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 36 Rn. 18 [Fn. 122]).

1. Der Senat ist mit dem Oberlandesgericht München (Beschl. v. 18. Mai 2017 - 34 AR 80/17 -, ZIP 2018, 100; Beschl. v. 16. Juli 2018 - 34 AR 11/18 -, ZIP 2019, 73 f.) der Auffassung, dass bei der Inanspruchnahme der Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 64 GmbHG bzw. vorliegend bei der Inanspruchnahme der organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter gemäß §§ 130a, 177a HGB wegen pflichtwidrig nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit geleisteter Zahlungen ein gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsorts am Sitz der Gesellschaft besteht (Beschl. v. 18. Mai 2017, a.a.O., juris Rn. 6; Beschl. v. 16. Juli 2018, a.a.O., juris Rn. 11).

2. An der hiernach mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gebotenen Zurückweisung des Antrags des Antragstellers auf Bestimmung des zuständigen Gerichts sieht der Senat sich indes mit Blick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Naum...

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