Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufige Deckung von PR-Kosten in der D&O-Versicherung bis zum vereinbarten Sublimit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vorläufige Abwehrkosten umfassen auch die Public-Relations-Kosten zur Abwendung oder Minderung des Reputationsschadens des Versicherten (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5.11.2021 - 7 U 96/21, juris).

2. Jeder versicherten Person steht zur Wahrung der Verteilungsgerechtigkeit der Versicherungsschutz ausschließlich in Höhe des vereinbarten Unter-Sublimits zu.

 

Normenkette

VVG § 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.07.2021; Aktenzeichen 2-08 O 308/20)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.07.2021 teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus dem zwischen der Beklagten und der X AG geschlossenen Versicherungsvertrag - Versicherungsnummer: ... - in Form von Public Relations-Kosten bis zu einem Sublimit von 100.000,- Euro zu gewähren.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der 1. Instanz haben der Kläger 27 % und die Beklagte 73 % zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 80 % und die Beklagte 20 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt als versicherte Person - nach vorangegangenem einstweiligen Verfügungsverfahren - aus der bei der Beklagten bestehenden D&O-Versicherung Deckung in Form von Public-Relations-Kosten (im Weiteren: PR-Kosten).

Der Kläger war seit 2002 Mitglied des Vorstandes der X AG und später ihr Vorstandsvorsitzender.

Die X AG unterhielt als Versicherungsnehmerin bei der Beklagten seit 2002 eine D&O-Versicherung für Organmitglieder und leitende Angestellte. Der Versicherung lagen die Bedingungen Z1 (im Weiteren: Z) zugrunde. Unter anderem war danach auch der Ersatz von PR-Kosten nach Ziffer 4.12 Z zugesagt. Vereinbart war die Gewährung von Versicherungsschutz innerhalb eines Sublimits von 500.000,- Euro je Versicherungsperiode, wobei der Versicherungsschutz auf 100.000,- Euro je versicherter Person und je Versicherungsfall begrenzt war. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsvertrag sowie die Bedingungen Bezug genommen.

Der Kläger trat am 19.06.2020 von seiner Position als Vorstandsvorsitzender und Mitglied des Vorstandes im Zusammenhang mit dem sogenannten X-Skandal zurück. Gegen ihn wurde in der Folgezeit ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Stadt2a (Az. ...) unter anderem wegen des Verdachts der Bilanzfälschung, Untreue, Marktmanipulation und Verstößen gegen das WpHG in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender bei der X AG eingeleitet. Seit Juli 2020 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft. Er weist alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unbegründet zurück. Mittlerweile wurde Anklage erhoben.

Ab Juni 2020 wurde in den Medien wiederholt über den Kläger als angeblichen Chef einer kriminellen Bande und sein pflichtwidriges Verhalten in diesem Zusammenhang berichtet.

Der Kläger beauftragte vor diesem Hintergrund die auf Presserecht spezialisierte Anwaltskanzlei S sowie zusätzlich die Presseagentur T. Die dafür anfallenden Kosten verlangte er von der Beklagten im Rahmen des zugesagten Versicherungsschutzes für PR-Kosten ersetzt. Die Beklagte lehnte dies ab.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in Form von Abwehrkosten sowohl bezüglich anhängiger Zivilverfahren als auch mit Blick auf das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren unter Einschluss von PR-Kosten begehrt.

Dem Rechtsstreit vorausgegangen sind zwei einstweilige Verfügungsverfahren.

Durch Urteil vom 18.01.2021 hat das Landgericht Frankfurt der Beklagten geboten, dem Kläger vorläufige Abwehrkosten zur Verteidigung in den gegen ihn anhängigen Schadensersatzklagen und Arrestverfahren zu gewähren. Die Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 07.07.2021 (Az. 7 U 19/21) - auf dessen Inhalt Bezug genommen wird - zurückgewiesen.

In einem weiteren einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 7 U 96/21) hat der Senat mit Urteil vom 03.11.2021 - auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird - das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger vertragsgemäßen Versicherungsschutz in Form von PR-Kosten unter Berücksichtigung des vereinbarten Sublimits bis zur Entscheidung im Haupt...

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