Entscheidungsstichwort (Thema)

Anlageberatung: Nicht anlegergerechte Empfehlung einer Schiffsfondsbeteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur objektgerechten Beratung bei der Empfehlung einer Kapitalanlage in einem Schiffsfonds gehört auch, dass auf das Risiko des Totalverlustes hingewiesen wird. Das gilt auch dann, wenn nach Auffassung des Beraters alle bisherigen Schiffsfonds "gut gelaufen" sind.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.08.2013; Aktenzeichen 2-21 O 382/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.08.2013 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main zum Freistellungsantrag Ziffer 2 dahin geändert, dass die Verpflichtung der Beklagten festgestellt wird, den Kläger von allen bestehenden und künftigen Verpflichtungen freizustellen, die ihm aus der Beteiligung an der Schifffahrtsgesellschaft "A" mbH & Co. KG und der Schifffahrtsgesellschaft "B" mbH & Co. KG entstanden sind oder entstehen, insbesondere von Verzugszinsen wegen etwaiger steuerlicher Nachforderungen im Rahmen der Neuveranlagung zur Einkommensteuer oder von gesellschaftlichen Nachforderungen.

Der weiter gehende Antrag zu 2 und der Freistellungsantrag Ziffer 4 werden abgewiesen

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten; diese hat die Nebenintervenientin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und die Nebenintervenientin dürfen die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des jeweiligen Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege des Schadensersatzes auf Rückabwicklung seiner Beteiligung in Höhe von USD 60.000 zuzüglich 5 % Agio an dem geschlossenen Schiffsfonds C, verbunden mit Beteiligungen an zwei Schifffahrtsgesellschaften, in Anspruch.

Der Kläger hat mehrere Beratungspflichtverletzungen geltend gemacht und behauptet, er habe die Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin Z1, darauf hingewiesen, dass nur "absolut sichere Anlageformen" in Frage kommen. Er sei weder über Risiken der Anlage noch darüber aufgeklärt worden, dass die Beklagte Rückvergütungen in - wie er weiter behauptet - Höhe von 6,8 % der Beteiligungssumme erhalte. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe erklärt, die Anlage sei absolut sicher, Verluste seien nur "im Falle eines Weltkrieges" zu befürchten. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Frankfurt am Main Bezug genommen.

Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben. Es hat das Zustandekommen eines Beratungsvertrages bejaht und eine Pflichtverletzung der Beklagten in dem Umstand gesehen, dass sie nicht über Rückvergütungen aufgeklärt habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügt eine Verletzung formellen und materiellen Rechts und macht im Wesentlichen geltend:

Das Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Das LG habe vorbereitend die Zeuginnen Z2 und Z1 geladen, diese jedoch nicht vernommen, weil von Seiten der Beklagten und ihrer Streithelferin noch zur Replik des Klägers Stellung genommen werden sollte, und es habe zu erkennen gegeben, dass ein weiterer Beweisaufnahmetermin erforderlich sei. Ohne dies den Parteien mitzuteilen, habe das LG dann die Entscheidung auf ein "Verschweigen von Rückvergütungen" gestützt.

In materiell-rechtlicher Hinsicht habe das LG fehlerhaft das Zustandekommen eines Beratungsvertrages angenommen. Nicht der Kläger, sondern allenfalls seine Ehefrau sei beraten worden. Die Ehefrau sei auch nicht als Vertreterin des Klägers aufgetreten. Das LG hätte entweder Beweis erheben oder aber von einer Stellvertretung der Ehefrau ausgehen müssen.

Darüber hinaus seien auch keine Pflichtverletzungen aus dem Vertrag festzustellen. Erstmals in der Replik habe der Kläger näher erläutert, dass es sich möglicherweise um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung gehandelt haben könnte; die weitere Behauptung, die Beklagte habe 6,8 % der Beteiligungssumme samt Agio von dritter Seite erhalten, sei reine Spekulation. Auch weitere Verletzungen aus einem Beratungsvertrag ließen sich nicht feststellen.

Des Weiteren begegne die Annahme des LG, der festgestellte Beratungsfehler sei kausal für die Anlageentscheidung gewesen, durchgreifenden Bedenken. Sie, die Beklagte, habe die Kausalität bestritten und in einem weiteren Schriftsatz vom 15.07.2013 dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Ehefrau des Klägers über das Agio informiert worden und ihr das Verdienstinteresse der Beklagten bewusst gewesen sei...

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