Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verlängerung der Berufungsbegründungspflicht ohne dass triftige Gründe für die Verlängerung der Frist sprechen

 

Leitsatz (redaktionell)

Einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kann grundsätzlich nur bei vorliegen triftiger Gründe entsprochen werden. Ein triftiger Grund liegt vor, wenn die Tatsachenermittlung infolge außergewöhnlicher Schwierigkeiten erschwert ist. Nicht zu triftigen Gründen gehört jedoch eine Arbeitsüberlastung des zuständigen Rechtsanwalts. Der Sachbearbeiter muss der Angelegenheit die Beachtung einräumen die für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingeräumt werden muss. Demnach Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind vorrangig zu bearbeiten.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.09.2005)

 

Gründe

I.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Fortsetzung eines Servicepartnervertrages in Anspruch, dessen fristlose Kündigung die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12. Juli 2005 erklärt hat. Der Antragsteller hält die Kündigung für unwirksam und begehrt - soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse - den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahin, dass der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel sinngemäß

1. untersagt wird, sich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtsgültigkeit der Vertragskündigung zu weigern, ihn mit M.-Vertragswaren und M.-Dienstleistungen zu beliefern und ferner drei namentlich benannte sowie zukünftige Garantieanträge abzurechnen,

2. aufgegeben wird, das EDV-gestützte Kommunikationssystem M. zur Abwicklung der Vertragspflichten aus dem Servicepartnervertrag wieder herzustellen und aufrecht zu erhalten.

Das Landgericht hat den Verfügungsantrag abgelehnt, weil es hinsichtlich des Begehrens auf Belieferung mit den M.-Vertragswaren an der Dringlichkeit sowie darüber hinaus hinsichtlich sämtlicher Verfügungsanträge an einem Verfügungsanspruch fehle.

Dagegen richtet sich die Berufung des Antragstellers, der im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Die Berufungsbegründung hat der Verfahrensbevollmächtigte am letzten Tag der antragsgemäß um einen Monat verlängerten Begründungsfrist eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat das Verfügungsbegehren mit Recht zurückgewiesen. Der Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung scheidet bereits deshalb aus, weil es an der Eilbedürftigkeit des nachgesuchten Rechtsschutzes fehlt.

A. Das ist durch das prozessuale Verhalten, mit dem der Antragsteller im Berufungsrechtszug sein Rechtsschutzbegehren verfolgt, belegt.

1. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die antragstellende Partei alles in ihrer Macht stehende zu tun, um einen möglichst baldigen Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu erreichen. Kommt sie dieser prozessualen Obliegenheit nicht nach und lässt sie es zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen kommen, rechtfertigt dies in aller Regel den Schluss, dass dem Antragsteller die Rechtsverfolgung nicht eilig - und die Angelegenheit folglich nicht dringlich - ist. Verzögerungen, die ihr Verfahrensbevollmächtigter zu vertreten hat, muss sich die antragstellende Partei dabei zurechnen lassen. Hat - wie hier - die erste Instanz den Erlass der einstweiligen Verfügung abgelehnt, muss der Antragsteller auch das Berufungsverfahren beschleunigt betreiben. Zwar darf er die gesetzlichen Fristen für die Einlegung und Begründung der Berufung (§§ 517, 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ausschöpfen, ohne dass hierdurch die Eilbedürftigkeit des nachgesuchten Rechtsschutzes in Frage gestellt wird. Bittet er allerdings ohne Vorliegen triftiger Gründe darum, die Berufungsbegründung um einen mehr als bloß unerheblichen Zeitraum von wenigen Tagen zu verlängern, und nutzt er die gewährte Verlängerung sodann auch aus, gibt der Antragsteller damit im Allgemeinen zu erkennen, dass es ihm mit der Verfolgung der reklamierten Ansprüche nicht (mehr) dringlich ist (Senat, Beschl. v. 16.4.2003 - U (Kart) 45/02 Umdruck Seite 4/5; OLG Düsseldorf, 20. ZS., GRUR-RR 2003, 31/32; zu allem auch: Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdnr. 85 f. und 88 m.w.N.; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdnr. 177; vgl. auch BGH, NJW-RR 2000, 209).

2. So liegt der Fall auch hier. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat um eine einmonatige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gebeten und die verlängerte Begründungsfrist auch voll ausgeschöpft, ohne dass diese verzögerliche Rechtsverfolgung durch triftige Gründe (z.B. infolge außergewöhnlicher Schwierigkeiten bei der Tatsachenermittlung) veranlasst gewesen ist. Die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang angeführte Arbeitsüberlastung seines Verfahrensbevollmächtigten entlastet nicht. Dabei kann es auf sic...

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