Leitsatz (amtlich)

1. Eine Ersatzpflicht aus der Teilkaskoversicherung besteht nur für einen Schaden infolge eines unmittelbaren Zusammenstoßes zwischen dem Fahrzeug und Haarwild.

2. Ersatz seiner Aufwendungen (Rettungskostenersatz) steht dem Versicherungsnehmer nach §§ 62, 63 Abs. 1 VVG nur zur Abwendung solcher Schäden zu, die versichert sind, so dass aus der Teilkaskoversicherung für Schäden infolge eines Ausweichmanövers zur Vermeidung eines Zusammenstoßes mit einem anderen Fahrzeug kein Ersatz zu leisten ist, selbst wenn das andere Fahrzeug durch ein die Fahrbahn kreuzendes Haarwild zu einem plötzlichen Spurwechsel veranlasst worden war.

3. Anspruch auf Rettungskostenersatz nach §§ 62, 63 VVG hat der Versicherungsnehmer auch nicht aufgrund der Überlegung, er habe durch sein Ausweichmanöver den Eintritt eines Versicherungsfalles in seiner Kfz-Haftpflichtversicherung vermieden; denn er wollte mit der Ausweichbewegung nicht seine Haftpflichtversicherung schonen, sondern sich und sein Fahrzeug vor Schaden bewahren.

 

Normenkette

VVG §§ 62-63; AKB §§ 10, 12 (1) Abs. 1d

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 512/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.3.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Versicherungsleistungen aus einer Teilkaskoversicherung für seinen Pkw der Marke Mazda MX 5-Roadster, amtl. Kennzeichen …

Für dieses Fahrzeug hatte er bei der Beklagten auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (im Folgenden: AKB, vgl. Anl. K 1) eine Haftpflichtversicherung und – mit einer Selbstbeteiligung von 300 DM – eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen.

Am 14.11.1999 gegen 11.10 Uhr erlitt der Kläger auf der Autobahn A 46 kurz vor der Ausfahrt Wuppertal-Vohwinkel in Fahrtrichtung Düsseldorf einen Verkehrsunfall, wobei an dem Fahrzeug ein Totalschaden entstand. Der Kläger begehrt unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung von 300 DM von der Beklagten eine Entschädigung i.H.v. 11.500 DM.

Er hat behauptet, er habe mit seinem Pkw die mittlere der drei Fahrspuren befahren. Sowohl rechts neben ihm als auch unmittelbar vor ihm auf der linken Fahrspur habe sich jeweils ein weiterer Pkw befunden. Plötzlich habe unmittelbar vor dem links vor ihm fahrenden Fahrzeug ein Reh aus seiner Sicht von links nach rechts die Autobahn überquert. Der Fahrer des links vor ihm fahrenden Wagens sei dem Reh ausgewichen, indem er auf seine, des Klägers, Fahrspur gewechselt sei. Zur Vermeidung einer folgenschweren Kollision mit diesem nun vor ihm fahrenden Fahrzeug habe er seinen Wagen nach links gelenkt. Bei diesem Ausweichmanöver habe er die Gewalt über sein Fahrzeug verloren; dieses sei zunächst vor die Mittelleitplanke und von dort quer über die gesamte Fahrbahn gegen die rechte Leitplanke geprallt, wo es schließlich zum Stillstand gekommen sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei gem. § 12 Ziff. 1, I d) AKB für den Schaden eintrittspflichtig, weil er adäquat kausal auf das die Fahrbahn überquerende Haarwild zurückzuführen sei. Jedenfalls ergebe sich die Ersatzpflicht der Beklagten aber aus §§ 62, 63 VVG, weil sein Ausweichmanöver dem Zweck gedient habe, einen Zusammenstoß mit dem anderen Pkw zu vermeiden.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.500 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.5.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat den vom Kläger geschilderten Unfallhergang bestritten und behauptet, der Kläger habe ggü. dem den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten K. als Unfallursache angegeben, dass er einem kleinen Tier, wahrscheinlich einem Hasen, ausgewichen sei, wodurch er die Gewalt über sein Fahrzeug verloren habe. Von einem Pkw, der einem Reh ausweichend die Fahrspur gewechselt habe, sei dabei keine Rede gewesen.

Bei dieser Unfallversion lasse sich der Anspruch nicht auf § 63 VVG stützen, weil es grob fahrlässig sei, um Vermeidung der Kollision mit einem Kleintier bei hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn ein riskantes Ausweichmanöver einzuleiten.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 VVG i.V.m. § 12 Ziff. 1., I d) AKB scheide aus, weil dieser einen Zusammenstoß des in Bewegung befindlichen Fahrzeuges mit Haarwild voraussetze, der hier unstreitig nicht gegeben sei. Die Schäden seien auch nicht als Aufwendungen zur Abwendung eines unmittelbar drohenden Versicherungsfalles nach §§ 62, 63 VVG ersatzfähig. Der Kläger habe das Ausweichmanöver nicht zur Abwendung eines Wildschadenfalles, sondern einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug gemacht, die in der Teilkaskoversicherung nicht versichert sei. Auch zur Abwehr eines Versicherungsfalles in der Kfz-Haftpflichtversicherung habe der Kläger nicht gehandelt, weil es ihm nach eigenem Vorbringen bei dem Ausweichmanöver darum gega...

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