Leitsatz (amtlich)

Zur Gewichtung der Betriebsgefahr bei einem Fußgängerunfall.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17 Abs. 1-2; StVO § 25 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 03.12.2014; Aktenzeichen 1 O 17/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 3. Dezember 2014 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve - 1 O 17/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin 20 % der Leistungen zu erstatten, die die Klägerin aufgrund der durch den Unfall am 22. Februar 2010 - unmittelbar an der Kreuzung XXX - verursachten Verletzungen des Herrn XXX an diesen und seine Pflegeperson XXX bereits erbracht hat und künftig noch erbringen wird, insbesondere

a) die an Herrn XXX ab dem 8. April 2010 unfallbedingt erbrachten und zukünftig noch zu erbringenden Beihilfeleistungen sowie

b) die an XXX ab dem 19. November 2010 unfallbedingt gezahlten und zukünftig noch zu zahlenden monatlichen Rentenversicherungsbeiträge.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 80 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 20 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 60 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 40 % zu tragen.

Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht auf Erstattung der Leistungen in Anspruch, die sie wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 22. Februar 2010 gegen 18:12 Uhr in XXX ereignet hat, an ihren am 30. August 1951 geborenen Beamten XXX - einem schon viele Jahre vor dem Unfall wegen vieler Bandscheibenvorfälle pensionierten Berufsfeuerwehrmann (UA 47) - erbracht hat und noch zu erbringen hat.

Zum Unfallzeitpunkt war es dämmrig und (sehr) regnerisch. Die Beklagte zu 1. befuhr mit ihrem bei der Beklagten zu 2. versicherten VW Golf den XXXring in XXX von der B 57 kommend in Richtung XXX. An der außerorts befindlichen Einmündung der XXXstraße wollte der dunkel bekleidete Geschädigte XXX mit seiner Ehefrau, der Zeugin XXX, den XXXring an der sich dort befindlichen Querungshilfe zu Fuß überqueren. Als er auf die Fahrbahn trat, wurde der Geschädigte von dem - aus seiner Sicht von links kommenden - Fahrzeug der Beklagten zu 1. erfasst, wobei die Kollision an der vorderen rechten Fahrzeugfront in Höhe der Scheinwerfereinheit erfolgte.

Auf der Grundlage ihrer Beihilfe-Verpflichtung hat die Klägerin 70% der Kosten der stationären und ambulanten Behandlung des schwer verletzten XXX sowie der danach angefallenen Pflegekosten übernommen. Da der Geschädigte XXX von seiner Ehefrau gepflegt wird, hat sie auch deren Rentenversicherungsbeiträge anteilig bezahlt.

Die Klägerin hat die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten begehrt.

Zum Unfallhergang hat die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1. sei im Hinblick auf die gegebenen schlechten Sicht- und Wetterverhältnisse unangemessen schnell gefahren und habe außerdem das Abblendlicht nicht eingeschaltet gehabt.

Die Beklagten haben demgegenüber geltend gemacht, der Unfall sei allein auf die Unaufmerksamkeit des Zeugen XXX zurückzuführen.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat nach Anhörung der Beklagten zu 1. und Beweisaufnahme durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin (GA 100 ff.) sowie durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen XXX nebst Ergänzung (GA 136) der Klage zu 40 % entsprochen. Die Beklagte zu 1. sei unter Verletzung von § 17 Abs. 1 StVO ohne Licht gefahren. Da auch das unbeleuchtete Fahrzeug ausweislich des Sachverständigengutachtens bereits aus einer Entfernung von 50 m für den Zeugen XXX sichtbar gewesen, sei diesem ein grober Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO vorzuwerfen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mir der sie die Abweisung der Klage erstreben.

Die Klägerin ist dem Rechtsmittel der Beklagten entgegengetreten und hat zunächst mit Schriftsatz vom 2. Juni 2015 (unselbständige) Anschlussberufung mit dem Ziel der Feststellung einer Erstattungspflicht in Höhe von 50 % eingelegt, die sie in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2018 zurückgenommen hat.

Die Beklagten beanstanden die Beweiswürdigung des Landgerichts und halten auch die rechtliche Haftungsabwägung für fehlerhaft. Das Landgericht habe aufgrund der Aussage der Zeugin XXX nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass die Beklagte zu 1. ohne Licht gefahren sei. Selbst wenn ein Beleuchtungsverstoß vorgelegen haben ...

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