Leitsatz (amtlich)

1. Der Grundsatz, dass eine Liquidation vor Abschluss eines die Gesellschaft betreffenden Besteuerungsverfahrens nicht beendet ist (Senat NJW-RR 2017, 810) und die für die Liquidation einer KG angenommene Ausnahme gleichwohl gegebener Vollzugsreife der Eintragung der Löschung, wenn die Gesellschaft den Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt hat, über kein Vermögen mehr verfügt und lediglich Steuernachforderungen in Rede stehen (z.B. NJW-RR 2014, 723 f.), gelten auch für die GmbH.

2. Darauf ob und inwieweit dies auch bei Steuererklärungs- bzw. Veranlagungsdefiziten zur Zeit des Erlasses der Zwischenverfügung des Registergerichts angenommen werden konnte, kommt es nicht mehr an, wenn sich (hier im Verlauf des Beschwerdeverfahrens, § 65 Abs. 3 FamFG) ergibt, dass die Vollzugsreife des Eintragungsantrages keinesfalls (mehr) von einem Einverständnis der Finanzverwaltung abhängt (Mitteilung des Finanzamtes, dass die steuerlichen Angelegenheiten sämtlich abgeschlossen sind und Erstattungsansprüche zu keiner Zeit in Rede standen).

 

Normenkette

FamFG § 65 Abs. 3, § 394

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Aktenzeichen HRB 57549)

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Im November 2016 meldete der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Gesellschaft unter Vorlage des Gesellschafterbeschlusses vom 7. Nov. 2016 zur Eintragung in das Handelsregister u.a. an, die Gesellschaft sei aufgelöst worden, die Firma erloschen, er sei zum Liquidator bestellt, eine Liquidation sei nicht erforderlich, weil ein Gesellschaftsvermögen sowie auch unbefriedigte Gläubiger nicht vorhanden seien.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Registergericht der Gesellschaft "zeitnah eine Erledigung der durch das Finanzamt geforderten Angelegenheiten" aufgegeben. Damit nahm es Bezug auf Mitteilungen des zuständigen Finanzamtes, wonach das dortige Verfahren noch nicht abgeschlossen war, insbesondere eine "Erklärung" für 2016 fehle und noch Verwaltungsakte zuzustellen waren.

Mit der Beschwerde hat die Gesellschaft unter Berufung auf die Entscheidung des Senates vom 1. Febr. 2017 (NJW-RR 2017, 810) den Standpunkt vertreten, es komme lediglich darauf an, ob die Gesellschaft vermögenslos sei; es spiele keine Rolle, ob ein Besteuerungsverfahren laufe oder nicht. Dies gelte erst recht, wenn - wie hier - feststehe, dass sich aus dem Besteuerungsverfahren keine Steuererstattungsansprüche ergeben könnten.

Mit Beschluss vom 13. April 2017 hat das Registergericht dem Rechtsmittel der Gesellschaft nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Liquidator habe eine (Steuer-)Erklärung für die Gesellschaft für 2016 noch gar nicht eingereicht. Um auszuschließen, dass gegebenenfalls doch Steuererstattungsansprüche und damit verteilungsfähiges Vermögen noch vorhanden seien - dies habe zum Zeitpunkt der Vornahme der Anmeldung infolge noch gar nicht abgegebener Erklärungen nicht zweifelsfrei beurteilt werden können - sei vor Vollzug der Anmeldung "insgesamt" auch die Beendigung der steuerlichen Angelegenheiten abzuwarten.

Der Senat hat am 2. Aug. 2019 vom Finanzamt fernmündlich die Mitteilung erhalten, steuerlich sei für die Jahre 2016 und 2017 alles erledigt, es habe keine Erstattungen gegeben. Seit 2018 sei die Gesellschaft steuerlich "auf Null gestellt".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig.

Es ist gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere ist es ersichtlich im Namen der beschwerdeberechtigten betroffenen Gesellschaft eingelegt worden und richtet sich gegen eine anfechtbare Zwischenverfügung, mit der das Registergericht der Gesellschaft aufgegeben hat, binnen Monatsfrist die durch das Finanzamt geforderten Angelegenheiten zu erledigen.

Die Beschwerde ist auch begründet.

In seiner mit der Beschwerde angeführten Entscheidung (NJW-RR 2017, 810) hat der Senat zu dieser Frage ausgeführt:

"Zwar ist im Grundsatz eine Liquidation nicht beendet, wenn ein die Gesellschaft betreffendes Besteuerungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Dies beruht indes auf der Erwägung, dass sich gegebenenfalls Steuernachforderungen oder auch Steuererstattungen auf das verwertbare Gesellschaftsvermögen auswirken können. Diese Lage ist anders, wenn die Gesellschaft den Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt hat, über kein Vermögen mehr verfügt und lediglich Steuernachforderungen in Rede stehen; dann ist die Vollzugsreife der Eintragung der Löschung gleichwohl gegeben. Dies hat der Senat in der Vergangenheit für die Liquidation einer Kommanditgesellschaft ausgesprochen (z.B. NJW-RR 2014, 723 f), und dem haben sich Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum für die GmbH angeschlossen (OLG Jena ZIP 2016, 25 f; Baumbach/Hueck-Haas, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 74 Rdnr. 2). In der Ta...

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