Leitsatz (amtlich)
Die Kürzung der Versicherungsleistung um 100 % kann berechtigt sein, wenn der Versicherungsnehmer einer Kfz-Vollkaskoversicherung das versicherte Kraftfahrzeug grob fahrlässig im Zustand der durch Alkoholgenuss herbeigeführten absoluten Fahruntüchtigkeit beschädigt hat.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 26.02.2010; Aktenzeichen 4 O 1277/09) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Chemnitz vom 26.2.2010 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.422,43 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer Fahrzeugvollversicherung geltend.
Mit Beginn zum 29.5.2008 hat der Kläger bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung für seinen Pkw abgeschlossen. Dieser Pkw war am 13.7.2008 gegen 07:15 Uhr in einen Verkehrsunfall verwickelt. Der Wagen war in einer leichten Linkskurve nach links von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Laternenpfahl geprallt.
Eine beim Kläger um 08:40 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,70 Promille.
Der Kläger wandte für die Reparatur des Fahrzeugs 6.722,43 EUR auf. Der Versicherungsvertrag sieht eine Selbstbeteiligung von 300 EUR vor.
Der Kläger behauptet, er könne sich nicht mehr an den Vorfall erinnern und zweifelt an, dass er der Fahrer gewesen sei.
Wegen des in erster Instanz gehaltenen weiteren Vortrags der Parteien sowie der vor dem LG gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es bestehe Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 81 VVG. Grobe Fahrlässigkeit liege schon deswegen vor, weil der Kläger gewusst habe, dass er in einem erheblichen Maße Alkohol zu sich nehmen werde. Es hätte ihm oblegen, Vorkehrungen dahingehend zu treffen, die es ihm nicht ermöglichten, im gegebenenfalls schuldunfähigen Zustand seinen Pkw zu führen. Der Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls entfalle auch nicht dadurch, dass dem Kläger nicht mehr erinnerlich sei, den Pkw geführt zu haben. Dem Kläger habe es oblegen, zumindest vorzutragen, durch welchen berechtigten Fahrer das streitgegenständliche Schadensereignis herbeigeführt worden sei. Der Kläger könne die Darlegungslast nicht der Beklagten auferlegen.
Eine Kürzung der Versicherungsansprüche auf Null sei berechtigt. Das Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Eintritt des Versicherungsfalls sei derart schwerwiegend, dass dem Kläger der Versicherungsschutz zu verwehren sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Es werde die Unterstellung der Fahrereigenschaft des Klägers angegriffen. Das LG habe völlig außer Acht gelassen, dass dem Kläger der Zeitraum unmittelbar vor dem Unfallereignis nicht mehr in Erinnerung sei. Für die Voraussetzungen der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles sei die Beklagte vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Der Kläger habe auch nicht etwaige mögliche andere Fahrer angeben müssen.
Selbst für den Fall, dass der Kläger den Pkw gefahren habe, sei angesichts der Alkoholisierung davon auszugehen, dass der Kläger bereits vor Rückkehr zu seinem Pkw als Schlafstätte den Zustand der Schuldunfähigkeit erreicht habe.
Zumindest hätte dem Kläger nach § 81 Abs. 2 VVG eine Quote zugestanden.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des LG Chemnitz vom 26.2.2010 - 4 O 1277/09, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.422,43 EUR nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 627,13 EUR sowie Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.439,43 EUR und aus weiteren 610,13 EUR seit dem 11.1.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Unstreitig trägt sie in zweiter Instanz vor, dass die Zeugin S unmittelbar nach dem Verkehrsunfall bemerkte, wie der Kläger an seinem Pkw mit einer übergezogenen Bettdecke stand. Im Strafverfahren hat die Zeugin den Kläger dabei als die Person wiedererkannt, die zum Unfallzeitpunkt bei dem Fahrzeug stand. Weitere Personen befanden sich nicht in der Nähe. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt auch im Besitz der Fahrzeugschlüssel. Die Zeugin hat in ihrer Einvernahme im Strafverfahren ausgesagt, dass der Kläger sich in das Fahrzeug gesetzt habe und versucht habe, den Motor zu starten, was aber nicht funktioniert habe. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall befand sich kein Dritter in der Nähe des Fahrzeugs. Der Kläger wurde in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug festgestellt.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger nicht habe nachweisen können, dass er z...