Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit der nachträglichen Einführung einer Kontoführungsgebühr in Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Klausel zu Kontogebühren bei laufenden Bausparverträgen in der Ansparphase (hier § 16 Abs. 4 ABB) benachteiligt als Preisnebenabrede den Bausparer unangemessen und ist unwirksam.

2. Eine Klausel, gerichtet auf eine Zustimmungsfiktion zu Änderungen der Bausparbedingungen (hier § 20 Abs. 2 ABB), benachteiligt den Bausparer unangemessen und ist unwirksam.

3. Bei unwirksamen, in den Verkehr gebrachten Klauseln kommt aus § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 a UWG ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, abhängig von der Intensität der mit den Klauseln verbundenen Auswirkungen und deren Fortdauer sowie der Verhältnismäßigkeit.

 

Normenkette

BGB § 307; UWG §§ 3a, 8 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 08.11.2018; Aktenzeichen 74 O 19/18)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 8. November 2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 74. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Bausparverträgen.

Der Kläger ist ein gemäß § 4 Abs. 2 UKlaG in die Liste qualifizierter Einrichtungen des Bundesverwaltungsamtes eingetragener Verbraucherschutzverband und richtet sich mit seinem Unterlassungsantrag gegen die Beklagte als Bausparkasse wegen von ihr Ende November 2017 zum 1. Januar 2018 neu eingeführter Bestimmungen in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB).

Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 29. November 2017 (Anlage K1, Anlagenhefter K) an Bausparer mit bereits bei ihr bestehendem Bausparvertrag, abgeschlossen in der Zeit zwischen September 1999 bis Februar 2011 in den Tarifen C. C, C. D, C. G, V. N V, V. N, V. Y. E, V. T. FT, V. Y. FY, V. S. HB. In diesem Schreiben kündigte sie über eine Klauseländerung die künftige Erhebung von 18 EUR jährliche Kontogebühren in der Sparphase an und verwies zur Begründung auf die aktuelle Zinsentwicklung und Marktsituation, die keine andere Wahl ließen. Zudem wies sie die Bausparer darauf hin, dass die beabsichtigten Änderungen wirksam würden, soweit diesen nicht durch Erklärung in Textform binnen einer Frist von sechs Wochen widersprochen werde.

Die Beklagte verlangte für diese Tarife, anders als bei später abgeschlossenen Verträgen, bisher keine Kontoführungsgebühr. Die für diese Verträge maßgeblichen Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge der X Bank, Tarif C./V. (Anlagen B3 und B4, Anlagenband B) sahen dies unter § 16 der ABB-C. nicht vor. Die in § 20 Abs. 3 ABB-C. dort enthaltene Zustimmungsfiktion sah statt nunmehr einen Widerspruch in Textform binnen sechs Wochen einen schriftlichen Widerspruch binnen eines Monats vor.

Danach sollte § 16 (Auslagen und Entgelte) im neu eingeführten Abs. 4 nunmehr lauten:

"(4) Die Bausparkasse erhebt während der Sparphase ein jährliches Kontoentgelt in Höhe von 18 EUR. Das Kontoentgelt wird jeweils zu Jahresbeginn fällig. Die Sparphase endet mit der vollständigen Auszahlung des Bausparguthabens. Als Gegenleistung für die Zahlung des Kontoentgelts erbringt die Bausparkasse gegenüber dem Bausparer alle Leistungen, die für die Verschaffung der Anwartschaft auf das zinssichere Bauspardarlehen erforderlich sind."

§ 20 sollte im abgeänderten Abs. 3 lauten:

"(3) Sonstige Bedingungsänderungen bedürfen des Einverständnisses des Bausparers. Es gilt als erteilt, wenn der Bausparer der Änderung nicht binnen sechs Wochen nach Bekanntmachung in Textform widerspricht und bei Beginn der Frist auf die Bedeutung des unterlassenen Widerspruchs hingewiesen wurde."

Der bereits bestehende, unverändert beibehaltene und nicht mit der Klage angegriffene Absatz 2 zu § 20 (Bedingungsänderungen) lautete:

"(2) Ohne Einverständnis des Bausparers, aber mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen, können die Bestimmungen der §§ 2 bis 4 sowie § 19 Abs. 2 ABB mit Wirkung für bestehende Verträge geändert werden."

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2017 (Anlage K3, Anlagenhefter K) wandte sich der Kläger vergeblich an die Beklagte mit der Aufforderung, die beigefügte Unterlassungserklärung betreffend die Änderungen in den vorgenannten Tarifen zu unterzeichnen.

Der Kläger hat gemeint, dass die Klausel zur erstmaligen Kontoführungsgebühr eine ungemessene Preisnebenabrede darstelle. Auch die Zustimmungsfiktion sei in ihrem unbegrenzten Umfang unangemessen. Die Beklagte habe folglich die Verwendung der Klauseln zu unterlassen und dürfe zukünftig entsprechende Schreiben nicht weiter versenden. Zudem seien die Auswirkungen der in den Verkehr gebrachten Schreiben und eingezogenen Entgelte rückgängig zu machen sowie die Aufwendungen des Klägers zur Abmahnung zu ersetzen.

Die Beklagte hat nicht in Abrede genommen, dass es sich bei der Einführ...

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