Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe, hier: Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner bei der Geltendmachung von Trennungsunterhalt als Quotenunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entgegenstehender Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner kommt, sofern der angemessene Selbstbehalt der Beteiligten nicht beeinträchtigt wird, auch bei der Geltendmachung von Trennungsunterhalt als Quotenunterhalt in Betracht, wenn dieser noch nicht laufend gezahlt wird.

2. In diesem Falle ist der geleistete Verfahrenskostenvorschuss zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes vorab - auf einen angemessenen Zeitraum verteilt - zur Bestimmung des Trennungsunterhalts vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen.

 

Normenkette

BGB § 1360a Abs. 4, § 1361 Abs. 4 S. 4; FamFG § 113 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Aktenzeichen 154 F 1259/21)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremerhaven vom 5.11.2021 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin sucht um Verfahrenskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Inanspruchnahme des Antragsgegners, ihres von ihr seit April 2020 getrenntlebenden Ehemannes, dessen bereinigtes Nettoeinkommen sie vor Abzug des Erwerbstätigenbonus für die Zeit bis Februar 2021 auf rund 4.260 EUR und für die Zeit ab März 2021 auf rund 3.898 EUR beziffert, auf Zahlung eines nach Quote bemessenen rückständigen und laufenden Trennungsunterhalts in Höhe von monatlich 1.167 EUR nach. Mit Beschluss vom 5.11.2021 hat das Familiengericht den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt habe, weil sie das Nichtbestehen eines Anspruchs gegen den Antragsgegner auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses, der auch bei der Geltendmachung eines Trennungsunterhaltsanspruch nach Quote in Betracht komme, nicht dargetan habe. Gegen diese Entscheidung, die ihr am 24.11.2021 zugestellt worden ist, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 21.12.2021, mit der sie ihre bereits bei Antragstellung mitgeteilte Auffassung, wonach im Falle eines nach Quote geltend gemachten Trennungsunterhaltsanspruchs kein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen den Antragsgegner bestehe, weil dies dem Halbteilungsgrundsatz widersprechen würde, bekräftigt. Das Familiengericht hat die Sache mit Nichtabhilfebeschluss vom 11.1.2022 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Familiengericht hat ihr die Verfahrenskostenhilfe zu Recht versagt, weil sie - mangels Vortrags zum (Nicht-)Bestehen bzw. zur (Nicht-)Durchsetzbarkeit eines Anspruchs auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner - ihre Bedürftigkeit i. S. des § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 FamFG nicht hinreichend dargetan hat. Verfahrenskostenhilfe ist eine als Sonderform der Sozialhilfe geltende staatliche Fürsorgeleistung und als solche gegenüber einem zu dem nach § 115 Abs. 2 ZPO für die Verfahrenskosten einzusetzenden Vermögen gehörenden Anspruch der Antragstellerin nach §§ 1360a Abs. 4 S. 1, 1361 Abs. 4 S. 4 BGB auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Antragsgegner, der hier nach dessen von der Antragstellerin behaupteter Einkommenssituation durchaus in Betracht kommt, subsidiär (vgl. BeckOGK/Preisner, Stand 1.2.2022, § 1360a Rn. 221). Es obliegt daher, wie vom Familiengericht gefordert, der Antragstellerin, darzulegen, dass ein Verfahrenskostenvorschuss von dem Antragsgegner nicht zu erlangen ist, weil er entweder nicht besteht oder nicht zeitnah durchsetzbar ist (vgl. BeckOGK/Preisner, a.a.O. Rn. 224.1). Diese Obliegenheit hat die Antragstellerin nicht erfüllt, sodass ihre für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe notwendige Bedürftigkeit nicht feststellbar ist. Soweit die Antragstellerin meint, sie müsse entsprechende Darlegungen nicht machen, weil bei der Geltendmachung von Trennungsunterhalt als Quotenunterhalt grundsätzlich kein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen den Unterhaltspflichtigen bestehe, ist das Familiengericht dieser Auffassung zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, entgegengetreten.

Zwar trifft es zu, dass nach wohl überwiegender Meinung ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss neben der Zahlung von Trennungsunterhalt nur bejaht wird, wenn dadurch der Halbteilungsgrundsatz nicht verletzt werde, was nur dann der Fall sei, wenn der Unterhaltspflichtige über nicht prägende Einkünfte, über ein hohes Vermögen oder über ein so hohes Einkommen verfügt, dass der Bedarf konkret und nicht - wie im vorliegenden Fall - nach Quote zu bemessen ist; bei der Geltendmachung vom Quotenunterhalt entspricht nach dieser Auffassung der Vorschussanspruch regelmäßig nicht der Billigkeit im Sinne des § 1360a ...

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