Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der beruflichen Weiterbildung. Unterhaltsgeld. unberechtigte Ausschulung. Annahmeverzug der Berufsbildenden Schule

 

Leitsatz (amtlich)

Die unberechtigte Ausschulung eines Umschülers führt zum Annahmeverzug der Schule mit der Folge, dass der Umschüler so zu stellen ist, als hätte er ordnungsgemäß am Unterricht teilgenommen. Der Umschüler kann daher weiterhin Unterhaltsgeld für die Teilnahme an der beruflichen Weiterbildungsförderung verlangen.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 9. März 2007 wird geändert. Der Bescheid vom 19. und 24. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2004 wird im Zeitraum vom 24. September 2003 bis 15. Dezember 2003 aufgehoben.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu einem Drittel zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger streitet um die Aufhebung der Förderung der beruflichen Weiterbildung und um die Aufhebung der Bewilligung von Unterhaltsgeld ab 24. September 2003.

Der im Jahre 1961 geborene Kläger verfügt über die Allgemeine Hochschulreife (Abiturzeugnis vom 4. Juni 1980, Durchschnittsnote 2,1). Nach dem Lebenslauf des Klägers studierte er im Zeitraum von 1981 bis 1982 Pädagogik und Sozialwissenschaften. Von 1983 bis 1985 absolvierte er eine Berufsausbildung als Fachangestellter für Bädertechnik. Ab 1986 übte er Tätigkeiten in diesem Beruf aus. Danach erfolgte eine psychische Erkrankung, aufgrund derer eine berufliche Neuorientierung in Erwägung gezogen wurde.

Am 10. September 2002 beantragte der Kläger die Weiterbildungsmaßnahme zur Umschulung als Reiseverkehrskaufmann bei der Firma H. in I. ab 1. Oktober 2002. Unter dem 10. September 2002 schloss der Kläger antragsgemäß den Umschulungsvertrag mit dieser Firma im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis 31. Juli 2004.

Die Beklagte bewilligte daher Unterhaltsgeld ab 1. Oktober 2002 für die beantragte Maßnahme (Bescheid vom 9.10.2002). Weitere Leistungen wie Kosten bei auswärtiger Unterbringung und Fahrtkosten wurden bewilligt (Bescheide vom 30. September 2002 und 9. Oktober, 19. November 2002).

Mit Schreiben vom 31. Januar 2003 teilte die Berufsbildende Schule des Landkreises I. (BBS I) der Beklagten die Fehlzeiten des Klägers ab Beginn der Ausbildung vom 1. Oktober 2002 bis 29. Januar 2003 mit (sechs entschuldigte, vier unentschuldigte Fehltage). Der Kläger war mit Schreiben der BBS I vom 28. März 2003 ermahnt worden, weil er am 19. März 2003 erneut eine nicht akzeptable Entschuldigung vorgelegt hatte. Beim nächsten unentschuldigten Fernbleiben vom Unterricht wurde ihm die Ausschulung angekündigt. Daraufhin erging die Ausschulung des Klägers ab 4. September 2003, weil er am 27. August 2003 erneut ohne Entschuldigung dem Unterricht ferngeblieben war (Schreiben der BBS I vom 28. März und 4. September 2003). Im Zeugnis der BBS vom 9.7.2003 über das Schuljahr 2002/2003 wurden dem Kläger elf Fehltage, hiervon zehn entschuldigt, bescheinigt. Mit Schreiben vom 15. Januar 2004 teilte die BBS I der Beklagten mit, dass die näheren Umstände zu den Fehlzeiten nicht mehr aufgeklärt werden konnten. Die im Klassenbuch enthaltenen Fehlzeiten seien im Nachhinein in “entschuldigt„ geändert worden, ohne dass der Kläger schriftliche Entschuldigungen vorgelegt hätte.

Der Kläger erhielt ferner Abmahnungen der H. mit Schreiben vom 28. August 2003 und 9. September 2003. Mit Schreiben vom 22. September 2003 kündigte die H. das bestehende Ausbildungsverhältnis des Klägers fristlos aus wichtigem Grund. In der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts Lüneburg am 20. Januar 2004 einigten sich der Kläger und die Firma H. darauf, dass das Umschulungsverhältnis des Klägers aufgrund fristgemäßer Kündigung mit Ablauf des 15. Dezember 2003 endete. Die Firma H. verpflichtete sich, das Umschulungsverhältnis bis zum Beendigungsdatum auf Basis der vertraglich vereinbarten Vergütung von zuletzt 200,-- Euro abzurechnen und zu vergüten.

Mit Bescheid vom 19. September 2003 hob die Beklagte zunächst mit Ablauf des 23. September 2003 die Leistungen gemäß §§ 77 ff Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X auf. Mit Bescheid vom 24. September 2003 hob sie die Bewilligung von Unterhaltsgeld erneut ab 24. September 2003 auf.

Mit Schreiben vom 19. September 2003 legte der Kläger gegen die Aufhebung Widerspruch ein. Der Kläger war der Auffassung, dass er nicht verpflichtet sei, als Umschüler am Unterricht der Berufsschule teil zu nehmen. Gemäß § 65 Abs 3 des Nds. Schulgesetzes könne ein Umschüler für die Dauer der beruflichen Umschulung die Berufsschule besuchen. Aus Sicht des Klägers sei das Erreichen des Maßnahmezieles in keiner Weise gefährdet. Hierfür berief er sich auf seine allgemeine Hochschulreife und die bisherigen schulischen Leistungen in der BBS I.

Der Widerspruch des Klägers gegen die Aufhebung der Förderung ...

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