Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. fiktive Bemessung. tarifliches Arbeitsentgelt. ortsübliches Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

Sind im Rahmen der Bemessung der Arbeitslosenhilfe nach § 136 Abs 2b S 1 AFG iVm § 112 Abs 7 AFG tarifvertragliche Regelungen vorhanden, so können übertarifliche Arbeitsentgelte nicht berücksichtigt werden, auch wenn sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich sein sollten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Arbeitslosenhilfe (Alhi) des Klägers ab dem 2. September 1995.

Der ... 1952 geborene Kläger war nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung zum Industriekaufmann im Juli 1977 bis zum 31. März 1980 bei der Firma R KG und anschließend bis zum 31. März 1985 bei der B GmbH als Sachbearbeiter im Rechnungswesen bzw. als Kostenrechner beschäftigt. Neben dieser Erwerbstätigkeit besuchte er vom 1. August 1978 bis zum 7. Juni 1982 die Fachschule für Wirtschaft der Staatlichen Abendwirtschaftsschule in H und erwarb mit dem Bestehen der Abschlussprüfung die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfter Betriebswirt" zu führen. Eine am 4. Februar 1985 begonnene Fortbildung zum Bilanzbuchhalter brach er am 29. April 1985 ohne Prüfung ab. Anschließend war er vom 1. Mai 1985 bis zum 31. Dezember 1988 als betriebswirtschaftlicher Berater bei der Firma O GmbH ... beschäftigt und mit der Beratung von Kunden bei der Einführung von Computerprogrammen für das Controlling befasst. Neben dieser Tätigkeit besuchte er im September 1987 sowie im August und im November 1988 drei jeweils fünf Tage umfassende Seminare der C-Akademie (Controller's Grundseminar, Budgetseminar und Führungsseminar). Vom 1. Januar 1989 bis zum 31. Mai 1989 war der Kläger sodann als Controller bei der Firma I beschäftigt. Auf der Grundlage des dort erzielten Monatsentgelts in Höhe von 7530.-- DM bezog er anschließend Arbeitslosengeld (Alg) und ab dem 30. Juni 1990 Arbeitslosenhilfe. Vom 1. Juni 1992 bis zum 30. September 1992 war er als Unternehmensberater bei der Firma D mit einem Monatsgehalt in Höhe von zuletzt 7500 DM beschäftigt und bezog anschließend bis zum 1. Mai 1995 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 529,80 DM wöchentlich auf der Grundlage eines gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 1820 DM. Vom 2. Mai 1995 bis zum 1. September 1995 bezog der Kläger Unterhaltsgeld für die Teilnahme an einer Maßnahme der Fortbildung zum SAP R/3 Fachmann für Finanz- und Rechnungswesen, die er auf Betreiben der Bildungseinrichtung wegen Fehlzeiten und nicht ausreichender Leistungen abbrach.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 2. September 1995 Arbeitslosenhilfe nur noch in Höhe von 425,40 DM wöchentlich auf der Grundlage eines gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 1380 DM. Sie ging dabei davon aus, dass der Kläger das der Berechnung seiner Alhi bzw. seines Unterhaltsgeldes bisher zugrundegelegte Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen könne, und legte der Berechnung der Alhi stattdessen ein Monatsgehalt in Höhe von 6000 DM zugrunde als das ortsübliche Gehalt einer Tätigkeit im Rechnungswesen und im Controlling -- mit Kenntnissen in SAP-Programmen --, für die der Kläger in Betracht komme. Auf der Grundlage dieses Bescheides und der Änderungsbescheide vom 28. November 1995 und 12. Januar 1996, die das Bemessungsentgelt unberührt ließen, bezog der Kläger Alhi bis zum 13. Januar 1996. Anschließend gewährte die Beklagte ihm für die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung Unterhaltsgeld, nach deren erfolgreicher Beendigung Arbeitslosengeld und nach Erschöpfung der Anspruchsdauer wieder Alhi.

Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 6. Oktober 1995 Widerspruch. Zur Begründung verwies er zunächst auf das im Jahr 1992 bei der Firma D erzielte Entgelt in Höhe von 7500 DM. Seine Tätigkeit dort habe nur wegen des raschen erfolgreichen Abschlusses des von ihm betreuten Teilprojekts und fehlender Nachfolgeaufträge geendet. Noch im Sommer 1995 habe ihm ein Unternehmen der Personalberatung in H eine Anstellung als Controller in H mit einem Jahreseinkommen in Höhe von 120.000 DM angeboten. Er sei für den Arbeitsmarkt nach wie vor interessant; nur müssten die geforderte Qualifikation und die Erwartungshaltung des suchenden Arbeitgebers mit den Erfahrungen und Kenntnissen des Bewerbers weitgehend übereinstimmen. Die bei ihm bestehenden Defizite seien ihm bekannt: Ihm fehlten fundierte Kenntnisse in der Anwendung der SAP-Programme, ferner fundierte Fremdsprachenkenntnisse.

Weiter wendete er ein, die Bemessung der Alhi nach einem tariflichen Entgelt oder nach einem ortsüblichen Entgelt komme für ihn nicht in Betracht. Er sei seit Jahren nur noch außertariflich beschäftigt gewesen mit Entgelten, die mit keinem Tarifvertrag korrespondiert hätten. Er habe nie für tarifliche Entgelte gearbeitet. Gegen die Relevanz eines ortsüblichen Arbeitsentgelts spreche, dass er bundesweit einsetzbar sei bzw. sein müsse.

Nach der Zurückweisung seines Wid...

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