Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz für einen Gesundheitsschaden nach einem Konzertbesuch der Klägerin.

Die Beklagte zu 1) veranstaltete als örtliche Veranstalterin am 08.09.2000 in Nürnberg auf dem Zeppelinfeld ein sogen. Open-Air-Konzert der Musikgruppe "Bon Jovi". Die Beklagte zu 2) war Veranstalterin der Tournee, in deren Rahmen das vorgenannte Konzert gegeben wurde.

Die Klägerin trägt vor:

Sie habe am 08.09.2000 das von den Beklagten veranstaltete Konzert besucht. Während des Konzertes habe sie sich in etwa in der Mitte des Zuschauerfeldes aufgehalten und sei in einer Entfernung von ca. 5 m zu im Zuschauerfeld aufgestellten Lautsprechern gestanden. Insgesamt habe sie sich rund 3 Stunden dort befunden.

Nach Beendigung des Konzerts habe sie nur noch "dumpf" gehört. Am nächsten Tag habe sie einen Druck und ein Pfeifen in ihrem Ohr verspürt. Sie habe sich daraufhin noch am 09.09.2000 in ärztliche Behandlung begeben. Der sie notdienstärztlich behandelnde Arzt habe ein akutes Lärmtrauma mit einer lärmtraumatischen Innenohrschädigung und Tinnitus festgestellt. Sie sei darauf mit einer vierwöchigen Infusionstherapie behandelt worden und arbeitsunfähig gewesen. Des Weiteren sei in den ersten Wochen nach dem Konzertbesuch vorübergehend ein Schwindelgefühl aufgetreten, welches dann nicht mehr vorhanden war, aber ca. ein dreiviertel Jahr nach dem Konzertbesuch wieder auftrat.

Weitere Behandlungen seien erforderlich gewesen und sie sei auch weiter in regelmäßiger ärztlicher Behandlung. Sie habe weiterhin einen Tinnitus und zeitweise ein Schwindelgefühl.

Die Gesundheitsschäden seien auf den Konzertbesuch und die damals vorhandene Lärmbelastung zurückzuführen. Der Geschehensablauf spreche für die Schadensursächlichkeit. Sie vertritt die Auffassung, die Beklagten hätten keine hinreichenden Vorkehrungen zum Schutz des Konzertpublikums vor Lärmschäden getroffen und damit ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Die Klägerin meint, ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 Euro sei aufgrund der erlittenen Gesundheitsschädigung angemessen. Das Schmerzensgeld werde jedoch in das Ermessen des Gerichtes gestellt. Zudem seien die Beklagten auch zum Ersatz des zukünftigen materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 4.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 08.09.2000 zu ersetzen, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen; sofern die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder abgetreten wurden.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor:

Die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten habe auf Dritte delegiert werden dürfen. Nach den vertraglichen Absprachen der Beklagten mit den Künstlern sei für die Lautstärke des Konzerts der von den Künstlern verpflichtete Tontechniker verantwortlich gewesen (Beweis: Zeugin ...). Dies sei vorliegend auch sinnvoll gewesen, da der Tontechniker der Musikgruppe in "wesentlich kompetenterem Maße durch geeignete Maßnahmen sicherstellen konnte, dass Hörschäden der Besucher aufgrund der Beschallung möglichst vermieden werden" (Beweis: Sachverständigengutachten). Durch die amerikanische Tonfirma sei ein portables Messgerät mitgeführt worden. Eine Überschreitung der Immissionswerte habe nicht stattgefunden. Auch seien Absperrungen und Sicherheitsbarrieren vorhanden gewesen (Beweis: Zeugin ...). Auf die vorgenommenen Maßnahmen und die Beschallung hätten die Beklagten "überhaupt keinen Einfluss" gehabt.

Die Beklagte zu 1) sei nicht passivlegitimiert, da sie nur örtliche Veranstalterin gewesen sei. Die eigentliche Veranstaltung sei durch die Beklagte zu 2) erfolgt.

Die Klägerin habe sich auf jeden Fall ein Mitverschulden anrechnen zu lassen. Die Klägerin sei nicht gezwungen gewesen, sich 3 Stunden an der gleichen Örtlichkeit aufzuhalten und sich mit von ihr selbst als "überlaut empfundender Musik" beschallen zu lassen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen verwiesen.

Im Termin vom 31.03.2004 wurden die Zeugen ... und ... vernommen sowie die Sachverständige für Schallschutz in der Bautechnik, Tonaufnahme und -wiedergabetechnik Dipl. Ing. ... angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Vernehmungsprotokolls Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 19.05.2004 die Einholung eines Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. ... angeordnet, dessen schriftliche Abfassung am 23.08.2004 vorlag. Hiergegen wurden von den Parteien keine Einwendungen erhoben.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklag...

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