Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung gezahlter Zwangsgelder bei rechtskräftiger Abweisung der Kündigungsschutzklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nachträgliche Aufhebung des Vollstreckungstitels hat die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln zur Folge (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO).

2. Ist die Arbeitgeberin erstinstanzlich zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses verurteilt worden und wird dieses Urteil in zweiter unter Abweisung der Kündigungsschutzklage Instanz aufgehoben, entfällt damit die Rechtsgrundlage zwischenzeitlich ergangener Zwangsgeldbeschlüsse. Die Arbeitgeberin hat Anspruch auf Erstattung der Zwangsgelder, die sie in Vollzug der Zwangsgeldbeschlüsse an die Staatskasse überwiesen hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).

3. Sind Zwangsgeldbeschlüsse durch eine rechtskräftige Entscheidung gegenstandslos geworden und in Wegfall geraten, bedarf es insoweit keiner förmlichen Aufhebung. Diesbezügliche Anträge sind unzulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

4. Über die Rückzahlung von Zwangsgeldern entscheidet das Prozessgericht. Der Arbeitgeberin ist die Einleitung eines eigenständigen Klageverfahrens grundsätzlich nicht zumutbar.

5. Wird das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, nachträglich aufgehoben, erfolgt die Beitreibung der Zwangsvollstreckungskosten (§ 788 Abs. 3 ZPO) unter Vorlage der aufhebenden Entscheidung im Rahmen der Kostenfestsetzung.

 

Normenkette

ZPO §§ 775-776, 788 Abs. 3; BGB § 812 Abs. 1 S. 1, § 775 Nr. 1, § 776 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 24.03.2016; Aktenzeichen 12 Ca 5407/11)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 04.04.2016 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.03.2016 abgeändert.

2. Die aufgrund der Zwangsgeldbeschlüsse vom 02.04.2014 und vom 17.09.2014 getroffenen Vollstreckungsmaßregeln werden aufgehoben.

3. Zugunsten der Beklagtenpartei werden die von ihr zunächst entrichteten Zwangsgeldbeträge in Höhe von € 2.000,-- und € 4.000,-- zurückerstattet.

4. Im Übrigen wird die weitergehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

5. Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Gründe

I.

Die beiden Parteien führten einen Kündigungsrechtsstreit beim Arbeitsgericht Nürnberg unter dem Aktenzeichen 12 Ca 5407/11

Mit Schlussurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 26.02.2014 wurde dem Kündigungsschutzantrag der Klagepartei stattgegeben und die beklagte Partei zur Weiterbeschäftigung der Klagepartei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses verurteilt. Auf Antrag des Klägers vom 11.03.2014 wurde gegen die Beklagte mit Beschluss vom 02.04.2014 zur Erzwingung der ihr aus Ziffer 2. des Schlussurteils vom 26.02.2014 obliegenden Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Klagepartei ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten wurde mit Beschluss des Landesarbeitsgerichtes Nürnberg vom 13.06.2014 zurückgewiesen. Auf Antrag des Klägers vom 14.04.2014 wurde gegen die Beklagte mit Beschluss vom 17.09.2014 zur Erzwingung der ihr aus Ziffer 2. des Schlussurteils vom 26.02.2014 obliegenden Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Klagepartei ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,-- € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten wurde mit Beschluss des Landesarbeitsgerichtes Nürnberg vom 02.02.2015 zurückgewiesen. Mit Urteil vom 08.10.2015 hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Az. 7 Sa 195/14) das Schlussurteil vom 26.02.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat daraufhin seinen weiteren Zwangsgeldantrag vom 23.02.2015 im Beschwerdeverfahren nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses vom 15.07.2015 für erledigt erklärt. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 08.10.2015 - 7 Sa 195/14 - wurde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 12.05.2016 (Az. 2 AZN 101/16) als unzulässig verworfen. Mit Schriftsatz vom 05.11.2015 hat die Beklagte folgende Anträge gestellt:

I. Es wird beantragt, dass die ergangenen Zwangsgeldbeschlüsse des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 02.04.2014 sowie 17.09.2014 aufgehoben und die Kosten dieser Verfahren inkl. der Kosten des nachfolgenden Beschwerdeverfahrens der Klagepartei auferlegt werden.

II. Zugunsten der Beklagtenpartei werden die von ihr zunächst entrichteten Zwangsgeldbeträge in Höhe von € 2.000,-- wie auch € 4.000,-- wieder zurückerstattet.

Gemäß Beschluss vom 18.02.2016 wurden die Parteien zur beabsichtigten Abweisung durch das Erstgericht angehört. Mit Schriftsatz vom 11.03.2016 hat die Beklagte ausgeführt, dass nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung die Beschlüsse aufzuheben seien und die bereits vollstreckten Zwangsgelder zurückzuzahlen seien. Infolgedessen seien auch die in diesen Beschlüssen einschließlich der Beschwerdeverfahren ergangenen Kostenentscheidungen zu revidieren. Mit Schriftsatz vom 16.03.2016 hat der Klägervertreter erklärt, ...

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