Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerähnliche Person. Kündigungsschutz. Mindestschutz. Maßregelungsverbot

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auf das Vertragsverhältnis arbeitnehmerähnlicher Personen ist das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zumindest dann nicht anwendbar, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers in einer Kündigung des Vertragsverhältnisses besteht.

2. Wegen der grundgesetzlichen Schutzpflichten aus Art. 12 Abs. 1 GG ist über die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB auch für arbeitnehmerähnliche Personen ein Mindestkündigungsschutz zu gewährleisten. Dieser Mindestschutz darf aber nicht dazu führen, dass kündigungsrechtliche Grundsätze, etwa des § 1 KSchG oder anderer Kündigungsschutzvorschriften für Arbeitnehmer auf arbeitnehmerähnliche Personen anzuwenden sind.

 

Normenkette

TVG § 12a; BGB §§ 612a, 138, 242

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.12.2004; Aktenzeichen 9 AZR 23/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12.2.2003 26 Ca 15660/01 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses als freie Mitarbeiterin.

Die Klägerin ist seit 1.1.1985 nach anfänglicher dreimonatiger Hospitanz als freie Mitarbeiterin und dann als sogenannte feste freie Mitarbeiterin für den Beklagten tätig, und zwar für die Redaktion „…” und seit Herbst 1991 auch für die Redaktion …. Beim Beklagten existiert ein Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen i.S. des § 12a TVG. Die Klägerin ist Mitglied im Bayerischen Journalistenverband, der Tarifvertragspartei ist.

Nach der Geburt eines Kindes lief die Mutterschutzfrist der Klägerin am 12.9.1997 ab.

Mit Schreiben vom 18.8.1997 hat die Klägerin dem Beklagten mitgeteilt, „dass sie nach Ablauf der Mutterschutzfrist einen ganzjährigen Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen möchte”.

Die Klägerin war zwar nach dem 12.9.1997 geringfügig für die Redaktion „…” tätig, aber nicht mehr für die Redaktion

Ab Oktober 1998 hat die Klägerin ihre Tätigkeit auch wieder für die Redaktion … angeboten, wurde dort aber zunächst nicht, später dann nur in geringem Umfange wieder eingesetzt. Die Klägerin hat deshalb mit der Klage zum Arbeitsgericht München vom 24.4.2001 einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 132.948,26 DM für die Zeit von Oktober 1998 bis Ende 1999 gem. Ziff. 4.3 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen geltend gemacht. Durch Urteil des LAG München vom 6.11.2002 9 Sa 174/02 wurde der Beklagte zur Zahlung von 84.809,01 DM = 43.362,16 Euro verurteilt.

Mit Schreiben vom 13.9.2001, der Klägerin zugegangen am 27.9.2001, hat der Beklagte das Rechtsverhältnis mit der Klägerin zum 31.3.2002, hilfsweise zum tariflich nächstzulässigen Termin gekündigt. Die für die Klägerin maßgebliche Kündigungsfrist gem. Ziff. 4.2.1 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen beträgt 15 Monate.

Die Klägerin trägt vor, die Kündigung des Dienstverhältnisses sei unwirksam, da sie gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoße. Die Kündigung sei auch sittenwidrig. Die Kündigung sei eine Reaktion darauf, dass die Klägerin auf ihre tarifvertraglichen Rechte auf Ausgleichszahlung bestanden habe. Der Beklagte habe die Klägerin schon im Dezember 2000 wissen lassen, dass sie mit einer Kündigung rechnen müsse, wenn sie auf Ausgleichsansprüche in der vollen von ihr geltend gemachten Höhe beharre.

Die Klägerin beantragte im ersten Rechtszug:

  1. Es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis der Klägerin durch die schriftliche Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 13.9.2001, zugegangen am 27.9.2001, weder zum 31.3.2002 noch zum 31.12.2002 aufgelöst wird.
  2. Es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.3.2002 sowie den 31.12.2002 hinaus fortbesteht.

Der Beklagte ist dagegen der Auffassung, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoße. Die Kündigung sei nicht ausgesprochen worden, weil die Klägerin für die Vergangenheit einen Ausgleichsanspruch geltend gemacht habe. Vielmehr sei sie ausgesprochen worden, um zu verhindern, dass in der Zukunft weitere Ausgleichsansprüche entstünden. Seit der Rückkehr der Klägerin aus ihrem „Erziehungsurlaub” habe es Schwierigkeiten gegeben sie einzusetzen. Da der Einsatz nur noch in reduziertem Umfange möglich gewesen sei, seien beim Beklagten seit Mai 2000 Überlegungen angestellt worden, wie zukünftig Ausgleichszahlungen vermieden werden könnten. Man habe dann im September 2001 die Beendigungskündigung gewählt, da sowohl der Redaktionsleiter von …, Herr … als auch der Redaktionsleiter von …, Herr … erklärt hätten, dass kein Interesse mehr an einer Mitarbeit der Klägerin bestünde. Somit habe der Beklagte reagieren müssen, um zu verhindern, dass in Zukunft weitere erhebliche Ausgleichszahlungen entstehen würden.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 12.2.2003 festgestellt, dass das Dienstverhältnis der Pa...

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