Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechte des Betriebsrats hinsichtlich der Untersagung eines gewerkschaftlichen Informationsstandes im Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat kann den Arbeitgeber nicht auf Unterlassung in Anspruch nehmen, im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsmitgliedern zu untersagen, einen gewerkschaftlichen Informationsstand aufzubauen und gewerkschaftliches Informationsmaterial zu verteilen. Ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG steht dem Betriebsrat insoweit nicht zu.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 14.12.2017; Aktenzeichen 1 BV 17/17)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 28.07.2020; Aktenzeichen 1 ABR 41/18)

 

Tenor

  • I.

    Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.12.2017- 1 BV 17/17 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus. Am 12.05.2017, dem “Internationalen Tag der Pflege„, bauten vier Arbeitnehmer, die Mitglieder der Gewerkschaft ver.di sind, außerhalb ihrer Arbeitszeit vor der Krankenhauskapelle einen Informationsstand auf, an dem sie einen Aufruf zu einer Demonstration verteilten und Unterschriften für den NRW-Appell für mehr Krankenhauspersonal der Gewerkschaft sammelten. Die Pflegedienstleiterin untersagte diese Aktion.

Mit seinem am 27.06.2017 bei dem Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen Antrag macht der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch geltend. Er hat die Ansicht vertreten, dass die von der Pflegedienstleiterin erteilte Weisung das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffe und somit nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG seiner Mitbestimmung unterlegen habe.

Der Antragsteller hat beantragt,

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsmitgliedern ohne seine vorherige Zustimmung oder einen seine Zustimmung ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle zu untersagen, außerhalb ihrer Arbeitszeit einen gewerkschaftlichen Informationsstand aufzubauen und gewerkschaftliches Informationsmaterial mit Krankenhausbezug, dessen Inhalt nicht gegen Strafgesetze verstößt, auf dem Betriebsgelände zu verteilen, sofern durch den Informationsstand und das Verteilen des Informationsmaterials die Arbeitsabläufe nicht gestört werden und der Informationsstandort brandschutzrechtlich unbedenklich ist;

hilfsweise festzustellen,

dass die Anweisung am 12.05.2017 gegenüber Beschäftigten des Betriebs, den vor der Krankenhauskapelle aufgebauten Informationsstand abzubauen und das Verteilen von Flugblättern sowie das Sammeln von Unterschriften für den NRW-Appell für mehr Krankenhauspersonal der Gewerkschaft ver.di zu unterlassen, seinem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.12.2017 die Anträge zurückgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Betriebsrat nicht aus eigenem Recht von der Arbeitgeberin verlangen könne, eine koalitionsspezifische Betätigung von Arbeitnehmern zu dulden, bis der Betriebsrat einer Weisung, die konkrete Betätigung zu untererlassen, zugestimmt habe oder die Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden sei.

Der Beschluss ist dem Betriebsrat am 08.01.2018 zugestellt worden. Seine dagegen gerichtete Beschwerde ist am 01.02.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen und mit einem am 08.03.2018 eingegangenen Schriftsatz begründet worden.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten koalitionsspezifischen Betätigung durchaus ein Regelungsspielraum der Betriebspartner, etwa bezogen auf Zeitpunkt, Häufigkeit, Ort und Größe von Informationsständen, bestehe.

Der Betriebsrat beantragt,

der Arbeitgeberin unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.12.2017 - 1 BV 17/17 aufzugeben, es zu unterlassen, im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsmitgliedern ohne seine vorherige Zustimmung oder einen seine Zustimmung ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle zu untersagen, außerhalb ihrer Arbeitszeit einen gewerkschaftlichen Informationsstand aufzubauen und gewerkschaftliches Informationsmaterial mit Krankenhausbezug, dessen Inhalt nicht gegen Strafgesetze verstößt, auf dem Betriebsgelände zu verteilen, sofern durch den Informationsstand und das Verteilen des Informationsmaterials die Arbeitsabläufe nicht gestört werden und der Informationsstandort brandschutzrechtlich unbedenklich ist;

hilfsweise

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.12.2017 - 1 BV 17/17 festzustellen, dass die Anweisung am 12.05.2017 gegenüber Beschäftigten des Betriebs, den vor der Krankenhauskapelle aufgebauten Informationsstand abzubauen und das Verteilen von Flugblättern sowie das Sammeln von Unterschriften für den NRW-Appell für mehr Krankenhauspersonal der Gewerkschaft ver.di zu unterlassen, seinem Mitbestimmu...

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