Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 59 O 107/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. August 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 59 des Landgerichts Berlin - 59 O 107/20 - abgeändert :

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.749,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. April 2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Touran mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer XXX zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 31 % und die Beklagte 69 % zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben der Kläger 16 % und die Beklagte 84 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit seiner am 18. November 2020 beim Landgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten am 8. Januar 2021 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung bei einem von ihr hergestellten Fahrzeug in Anspruch.

Der Gerichtskostenvorschuss für die Klage ist mit Verfügung vom 25. November 2020 vom Kläger angefordert worden und am 14. Dezember 2020 bei der zuständigen Kosteneinziehungsstelle eingegangen.

Der Kläger erwarb am 3. April 2015 von einem Privatverkäufer einen am 29. Oktober 2013 erstmals zum Verkehr zugelassenen, mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestatteten VW Touran mit einem Kilometerstand von 18.570 km zum Preis von 23.500,00 EUR. Am 6. April 2022 betrug der Kilometerstand 104.744 km.

Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Diese werden wie folgt ergänzt bzw. berichtigt :

In einem Schreiben vom Februar 2016 unterrichtete die Beklagte die Halter der mit dem o.g. Dieselmotor versehenen Fahrzeuge, dass der Motor von einer Software betroffen sei, durch welche die Stickoxidwerte im Vergleich zwischen Prüfstand und realem Fahrbetrieb verschlechtert würden. Auch der Kläger erhielt dieses Schreiben.

Am 1. November 2018 reichte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (VZBV) beim Oberlandesgericht Braunschweig zum Aktenzeichen 4 MK 1/18 eine Musterfeststellungsklage gegen die Beklagte ein, die der Beklagten am 15. Dezember 2018 zugestellt wurde. Am 27. Dezember 2018 meldete der Kläger Schadensersatzansprüche im Register für diese Musterfeststellungsklage an. Nach der mit Schriftsatz des Klägers vom 2. Juli 2021 als Anlage K 1 eingereichten Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 16. März 2021 (Anlage K 1 a), auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, beinhaltete die Anmeldung des Klägers folgende Angaben zu Gegenstand und Grund des Anspruches :

"Schadensersatz aufgrund unerlaubter Abschalteinrichtung im gekauft Auto VW Touran 2,0 TDI (Motor mit der Baureihe EA 189) - Täuschung der tatsächliche NOX Emission durch optimiert Abgasaufbereitung aufgrund oben genannter unerlaubter Abschalteinrichtun"

Die Musterfeststellungsklage wurde am 30. April 2020 zurückgenommen. Die Beklagte stimmte der Klagerücknahme am 4. Mai 2020 zu. Mit Beschluss vom 6. Mai 2020 stellte das Oberlandesgericht Braunschweig sodann die Beendigung des Musterfeststellungsverfahrens fest.

Mit Anwaltsschreiben vom 17. April 2020 bot der Kläger der Beklagte an, das streitgegenständliche Fahrzeug spätestens 2 Wochen nach Zugang des Schreibens an seinem Wohnort abzuholen, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises von 23.500,00 EUR, hinsichtlich derer er der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 24. April 2020 setzte.

Am 9. Oktober 2020 nahmen die Parteien Vergleichsverhandlungen über die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche des Klägers auf. Mit Email vom 27. Mai 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Vergleichsverhandlungen gescheitert seien.

Der Kläger hat auch geltend gemacht, dass seinen Ansprüchen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liege, wie den Feststellungszielen der vor dem Oberlandesgericht Braunschweig erhobenen Musterfeststellungsklage.

Er hat ferner ausgeführt, es sei bei dem von ihm erworbenen Fahrzeug von einer Gesamtlaufleistung von mindestens 350.000 km auszugehen.

Die Beklagte hat die Meinung vertreten, die dem Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnende Nutzungsentschädigung sei anhand des durch die Nutzung eingetretenen Werteverlustes zu berechnen. Wende man gleichwohl eine lineare Wertberechnungsmethode an, könne in Übereinstimmung mit der von ihr im Einzelnen zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung eine höhere Gesamtlaufleistung als 250.000...

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